Zwei Männer des indigenen Volks der Kogi stehen auf Fläche im Küstengebirge Sierra Nevada de Santa Marta
· Lea Krontal, Lebendige Zukunft e.V.

Reisebericht: In Kolumbien bei den Kogi

Der Projektpartner unseres Projektes in Kolumbien, Lebendige Zukunft e.V., besuchte im Februar dieses Jahres die Kogi, um Dörfer und Gemeinschaften der Indigenen besser kennenzulernen und den Landrückkauf voranzutreiben. Nachfolgend berichten sie von den Eindrücken ihrer Reise.

Besuch der Kogi in der Sierra Nevada de Santa Marta

Im Februar 2023 begaben wir uns als kleines Team vom Verein Lebendige Zukunft, in Begleitung von Monica Hernandez-Morcillo von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, auf eine 3-wöchige Reise nach Kolumbien, um in der Sierra Nevada de Santa Marta die Kogi zu besuchen: Das Anliegen unserer Reise war, Dörfer und Gemeinschaften der Indigenen zu besuchen und tiefere Einblicke in ihren Umgang mit und ihre Beziehung zum Territorium zu erhalten, v.a. in Bezug auf das Thema Landrückkauf.

Die Kogi hüten in ihrer jahrtausendealten, hoch entwickelten Kultur eine lebendige Tradition. Ein Ältester der Kogi drückte es so aus: „Wir Menschen sind das Haus des Geistes. Wir sind der Geist, um alles hüten zu können, was es gibt.“ Sie verstehen sich als Teil des Landes, das in ihren Augen ein lebendiger Organismus ist, in dem jeder Ort seine spezifische – ökologische und geistige – Funktion hat und mit anderen Orten verbunden ist. Ihre Aufgabe als Menschen in diesem Organismus ist es, seine lebendige Ordnung zu hüten und immer wieder herzustellen. Dies tun sie vor allem, indem sie die „Gedanken“ der Orte und Menschen reinigen und ordnen und somit die Bedingungen schaffen, damit das Leben aus sich selbst wieder erkraften kann.

Rückkauf enteigneter Flächen

Auf unserer Reise besuchten wir verschiedene Dörfer in den unteren Lagen des Küstengebirges Sierra Nevada de Gonavindua, die teilweise auch in Gebieten lagen, die erst im Laufe der letzten 20 Jahre wieder von den Kogi besiedelt werden konnten. Denn im Zuge der Kolonisierung wurden die Kogi immer weiter in die höheren Lagen des Gebirges zurückgedrängt oder zogen sich zurück, um sich zu schützen. Sie verloren viel von ihrem ursprünglichen Territorium, das stattdessen von Bauern oder der Drogen-Mafia genutzt und dabei stark degradiert wurde. Seit einigen Jahrzehnten sind die Kogi dabei, ihr ursprüngliches Territorium Stück für Stück zurückzukaufen. Denn sie wissen: wenn das Land nicht gekannt, geachtet, und seinem Wesen gemäß gehütet wird, führt dies nicht nur lokal zu degradierten Ökosystemen, sondern destabilisiert den Organismus der gesamten Sierra Nevada de Santa Marta und damit das „Herz der Erde“, was auch globale Folgen hat. Indem sie das Land zurückkaufen und es wieder nach ihren traditionellen Prinzipien pflegen, können sie ihre Rolle als „Hütende des Herzens der Erde“ wieder ausüben und auch die ökologische Vielfalt und Gesundheit der Sierra Nevada de Gonavindua sichern.

Begegnungen mit den Kogi

Die Begegnung mit den Kogi und ihrem Land war eindrucksvoll. Wir erlebten Menschen, die nicht nur in einer jahrtausendealten Tradition verwurzelt sind, sondern auch in einem Territorium, das zugleich diese Tradition verkörpert. Wo jeder Ort eine Geschichte und seine Bedeutung hat. Wir erlebten Menschen, die Würde verkörpern, weil sie sehr genau um ihre Herkunft und ihre Aufgabe als Menschen auf dieser Erde, bzw. als Teil von ihr, wissen. Gleichzeitig sind auch sie nicht völlig abgeschottet von den Entwicklungen der „westlichen“ Welt. Sie begegnen immer mehr der Herausforderung, sich dazu in Beziehung zu setzen, und einen guten Weg zu finden, ihre Tradition, ihr Wissen und ihre kollektive Identität zu wahren.

Kogi Frau spinnt Tasche

Quelle: Lebendige Zukunft e. V.

Wir erlebten dabei auch Menschen, die wohl – von der „anderen Seite“ her – mit ganz ähnlichen Fragen umzugehen haben, wie wir vom Verein Lebendige Zukunft. Wie integriert sich ein indigenes, im Land verwurzeltes Sein mit dem Aufkommen moderner Technologien? Viele von den jungen Kogi in den unteren Lagen der Sierra haben Handys, die sie vor allem nutzen, um ihre Arbeit in der Außenvertretung ihrer Gemeinschaft zu koordinieren. Für den Landrückkauf nutzen sie moderne Kartografie-Software. In all dem schien jedoch der Fokus auf das Land, die Gemeinschaft und die Tradition ungebrochen und die Nutzung der Technologien eher wie eine Notwendigkeit, um sich mit der Gewordenheit der Welt zu arrangieren.

Besuch potenzieller Flächen für den Rückkauf

Wir besuchten gemeinsam mit dem Team der Kogi, die sich um den Landrückkauf kümmern, verschiedene Orte, die potenziell zum Kauf ausstehen, und andere Orte, die bereits zurückgekauft, und von Familien wieder besiedelt wurden, oder gänzlich der Regeneration gewidmet waren. Die Kogi nutzen nur etwa 20–30 % des Territoriums, auf dem sie leben, um sich selbst zu versorgen. Sie sind eine halbnomadische Bauernkultur und bauen vor allem Yucca, Malanga und Kochbananen an. Auch Schweine, Kühe und Hühner halten sie. Die übrigen 70–80 % der Flächen sind Orte, die bestimmten ökologischen und spirituellen Funktionen gewidmet sind, und in denen sie das Leben größtenteils sich selbst überlassen. Dieser Teil der Flächen wird nur durch die spirituelle Arbeit der Mamos und Sakhas (spirituelle Führer und Führerinnen der Kogi-Gemeinschaften) berührt.

Zeremonienhaus des indigenen Volks der Kogi im Dorf Aviaka

Quelle: Lebendige Zukunft e. V.

Schaffung eines Korridors von den Berggipfeln bis zur karibischen Küste

Perspektivisch wollen die Kogi mit dem Landrückkauf ermöglichen, einen „Korridor“ von den Gipfeln der Berge bis an die karibische Küste zu schaffen, über den die Tiere sich wieder frei bewegen können. Damit soll der Informationsaustausch sowohl von den Gipfeln an die Küste, als auch von der Küste in die Höhenlagen wiederhergestellt werden. Dies ist ein Unterfangen, das wohl noch einige Jahrzehnte dauern wird, aber sie gehen sehr entschlossen und klar Schritt für Schritt, Landstück um Landstück weiter diesen Weg. Diese Ruhe und gleichzeitige Entschlossenheit in ihrem Vorhaben zu erleben, weil sie um dessen Wichtigkeit wissen, war für uns sehr inspirierend. Überhaupt, diesen Menschen zu begegnen und einen kleinen Einblick in ihr Leben erhalten zu dürfen, mit ihnen zu lachen und Geschichten zu teilen, war ein großes und bereicherndes Geschenk und wir sind sehr dankbar um die Verbindung in die Sierra und hoffen, unseren Teil zum Vorhaben des Landrückkaufs der Kogi beitragen zu können.

Helfen Sie uns dabei, Land für die Kogi zu kaufen! Mit einer Spende von 5 € schützen Sie 2 m² Regenwald in Kolumbien!

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