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Blog aus Bolivien 3: Projektstart

Das Projekt beginnt: Bewerbungsgespräche, erste konkrete Planungen vor Ort...

Bewerbungsgespräche

Am Montagnachmittag fanden Bewerbungsgespräche bei Agrecol Andes statt. Wir suchen einen Projektleiter. Aus zwanzig Bewerbungen wurden fünf ausgewählt und nun sitzen wir hier, warten auf die Bewerber. Leider war keine einzige Frau darunter.

Der Erste kommt rein, David Tovar. Der erste Eindruck: Wettergegerbtes Gesicht, langer Zopf, gewinnendes Lächeln. David lebt in Tiquipaya, dem  Distrikt, wo wir dynamischen Agroforst einführen wollen. Abgesehen von mir, kennt er alle Anwesenden persönlich, begrüßt herzlich.

Als er sich setzt und die ersten Fragen beantwortet, fällt mir seine Begeisterung für den dynamischen Agroforst auf und mit welcher Liebe er von seinem Land spricht. David hat bereits vor 12 Jahren seine Parzelle nach diese Methode umgewandelt und Noemi sagt, sein Land sähe sehr gut aus.

David spricht fließend Quechua, eine Bedingung für diese Stelle. Zudem kennt er die Bauern vor Ort, noch ein Vorteil. Fast scheint er zu gut zu passen. Als er geht, stellt einer der Anwesenden die Frage, ob David gut genug Berichte schreiben kann, professionell genug ist?

Die nächsten Bewerber kommen. Einer ist sehr jung und hat kaum Erfahrungen mit Agroforst. Einer kennt sich vor allem mit großen Programmen für Entwicklung und Landwirtschaft aus, hat jedoch ebenfalls kaum Erfahrungen im dynamischen Agroforst und einer ist zu teuer. Der letzte Bewerber ist dann eine Überraschung: Offen, überzeugend und erfahren in der Umsetzung von Programmen.

Zudem hat er in verschiedene Kurse bei Noemi die Methode gelernt und war immer begeistert, hatte viele Ideen. Doch er hat seine vielen Ideen dann nie auf seiner Parzelle umgesetzt, vermutlich weil er in seinem Beruf sehr engagiert war. Doch ihm fehlt die Praxiserfahrung und er spricht kaum Quechua. Am Ende fällt die Wahl einstimmig auf David.

Das Projekt nimmt konkrete Formen an

Am nächsten Tag treffen wir uns wieder und gehen gemeinsam Punkt für Punkt die einzelnen Schritte des Projektes durch. Wo gibt es Fragen, Ideen oder auch mögliche Hindernisse? Auch die Abrechnung und der Nachweis im Form von Belegen besprechen wir ausführlich. Es ist gut, dass ich hier bin. Viele Fragen kann ich beantworten und vor allem bei der Abrechnung vereinbaren wir eine enge Zusammenarbeit.

Am Nachmittag kommt David und wir gehen die einzelnen Schritte des Projektes noch einmal durch: Auswahl der Familien durch die Gemeinden, Aufbau einer Baumschule, um Baumsetzlinge zu ziehen, Vorbereitung der Parzellen, Pflanzung, Evaluierung.

Da wir schon Mitte August haben und spätestens im November die Parzellen bepflanzt werden müssen, wird uns klar, dass es für den Aufbau einer eigenen Baumschule zu spät ist. Wir werden alle Setzlinge kaufen müssen.

Hier zeigt sich, wie wichtig die Erfahrungen von David sind. Er und Noemi diskutieren, dass wir darauf achten müssen, für die jeweiligen Höhenlagen und Bodenbeschaffenheit der einzelnen Parzellen die passenden Baumsetzlinge inklusive Pflanzenkombinationen auszuwählen. Zudem sollte das schon im September geschehen, da sonst im November die Gefahr besteht, dass nicht mehr ausreichend Setzlinge in den vor allem staatlichen Baumschulen vorhanden sind.

Gegen Abend haben wir dann sogar einen Zeitplan für die einzelnen Schritte und es beginnt sofort, denn wir müssen möglichst bald mit den Bürgermeistern der Gemeinden den besten Weg für die Auswahl der Familien besprechen.

Gemischte Gefühle - die Zuversicht siegt

Es ist halb sieben, von morgens früh bis jetzt haben wir intensiv gearbeitet. Ich bin k.o. Und auch zufrieden. Das war ein guter Tag. David scheint eine gute Wahl zu sein. Wir machen uns auf den Rückweg, zwei Stunden mit öffentlichen Sammeltaxis durch überfüllte Straßen.

Ich blicke raus auf das bunte Gewirr an Menschen, kleinen Straßenläden, offenen Feuerstellen. Überall wird gebaut, stehen Gerippe von Häusern. Cochabamba ist eine riesige, unfertige Stadt im Aufbruch. Auf einmal komme ich mir so klein vor. Wie will ich etwas dieser Überzahl entgegensetzen, Alternativen aufzeigen für einen achtsameren Umgang mit der Natur? Es scheint unmöglich.

Die letzten acht Kilometer gehen über unbefestigte Sandpiste, schließlich steigen Noemi und ich gut einen halben Kilometer den Hügel zu ihrem Haus hinauf. Ich komme schnell aus der Puste, die Luft ist dünn. Über uns ein atemberaubender Sternenhimmel und der schattenhafte Umriss des Tunaris, dem höchsten Berg der Anden hier. Freude über die Schönheit steigt in mir hoch und ich denke bei mir ... vielleicht klappt es doch.

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