The same procedure as every year
Auch am diesjährigen Silvesterabend wurden wieder Tausende Raketen in Deutschland abgefeuert. Ein in den Augen vieler Menschen von Krisen geplagtes Jahr 2022 wurde verabschiedet und 2023 mit der Hoffnung auf Besserung begrüßt. Neben dem alljährlichen Optimismus, dass das nächste Jahr besser als das vorherige wird, ist auch etwas anderes gleich geblieben – In der Silvesternacht bleiben die Telefone der Einsatzkräfte nur selten still. Erneut haben sich zahlreiche Menschen durch fehlgeleitete Böller und Silvesterraketen verletzt und mussten medizinisch versorgt werden. Für Ärztepräsident Reinhardt war das bereits abzusehen. Der 62-Jährige hatte schon vor Wochen dafür plädiert, die „ungeregelte Knallerei“ zu verbieten und das aus gleich mehreren Gründen.
Warnende Worte des Ärztepräsidenten
2020 und 2021 hatte es an Silvester ein Böllerverbot gegeben, damals mit der Intention, weitere Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden. Klaus Reinhardt spricht sich für eine Fortführung des Verbots aus anderen Gründen aus und meint, man habe bisher gute Erfahrungen damit gemacht. Im Zusammenhang mit Silvester spricht er von „ungeregelter Knallerei", die nicht in die aktuelle Zeit passe, solange in der Ukraine Krieg wüte. Das Geräusch von explodierenden Feuerwerkskörpern würde bei einigen nach Deutschland geflüchteten Ukrainern womöglich Todesängste auslösen und bringt es wie folgend auf den Punkt:
„Statt Geld für Böller und Raketen auszugeben, wäre mir ein Spenden-Feuerwerk [...] lieber.“
Auch für alle anderen Menschen hätte ein Böllerverbot Vorteile. Jedes Jahr komme es zu schweren Verletzungen im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern. 8000 Menschen erlitten jährlich eine Verletzung des Innenohres durch Feuerwerkskörper. Für das klinische Personal stelle dies eine starke, zusätzliche Belastung dar. Der Ärztepräsident argumentiert zudem, dass die Silvester-Knallerei schlecht für Klima und Umwelt ist.
Wie viel Müll entsteht an Silvester?
Damit hat Reinhardt nicht ganz unrecht. Forschende der Hochschule Pforzheim haben untersucht, wie viele Tonnen Müll durch das Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern am Jahreswechsel 2020/21 gespart werden konnten und kamen dabei zu folgendem Ergebnis: 3.500 Tonnen Kunststoffmüll sei an Silvester im ersten Pandemie-Jahr eingespart worden, eine erhebliche Menge. Wenn man weiß, dass Feuerwerkskörper zu zwei Dritteln aus Abfällen bestehen, erklärt sich diese Zahl jedoch quasi wie von selbst.
Ein weiteres Problem neben der Entstehung von Müll ist die Luftverschmutzung. Wer seine Nase aus dem Fenster streckt, kann den Geruch von Schwefel bereits riechen. Durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern werden giftige Schwermetalle freigesetzt. Ebenso steigt die Feinstaub-Belastung an. Abgesehen von den gesundheitsgefährdenden Folgen für alle unmittelbar Beteiligten, ist das auch schädlich für die Umwelt.
Warum nicht die Silvester-Knallerei abschaffen?
Die Gründe für ein dauerhaftes Böllerverbot sind zahlreich und einleuchtend. Manch einer fragt sich, warum Bund und Länder kein generelles Verbot von Feuerwerkskörpern beschließen. Und auch dafür gibt es natürlich Gründe.
Nachdem sich die Coronapandemie scheinbar dem Ende entgegen neigt, sehnen sich zweifellos viele Menschen nach Normalität. Das Silvesterfeuerwerk ist ein essenzieller Teil dieser Normalität. So steht es außer Frage, dass das Feuerwerk am Jahreswechsel für die Zeit vor 2020 steht. Auch die Forschenden der Hochschule Pforzheim gehen in ihrer Analyse auf den kulturellen Aspekt des Feuerwerks ein. Des Weiteren handelt es sich bei Silvester um ein gutes Geschäft für die Produzenten von Feuerwerkskörpern. Schätzungen des Verbands der pyrotechnischen Industrie gehen davon aus, dass an Silvester 2022 rund 120 Millionen Euro ausgegeben worden sein könnten. Und auch wenn einer Umfrage vom November 2022 zufolge 71 Prozent der Deutschen zumindest für die Einrichtung von Verbotszonen in Großstädten sind, so beharren Feuerwerksbefürworter darauf, an Silvester Böller und Raketen zu entzünden.
Silvester 2022 ist vorüber: Es kam erneut zu zahlreichen Verletzungen, andere konnten sich des bunten Lichtspektakels am Nachthimmel erfreuen. Die Diskussion wird wohl auch Ende dieses Jahres erneut aufkommen. Wir bleiben gespannt.
Mehr zum Thema Silvesterfeuerwerk und dessen Auswirkungen auf die Umwelt finden Sie hier.
Quellen:
Neue Osnabrücker Zeitung, Mitteldeutscher Rundfunk, Handelsdaten, t-online