Schwebfliege sitzt auf weißer Blüte
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Insektensterben – Ursachen und Hintergründe

Circa 1 Million entdeckte Insektenarten gibt es derzeit auf der Erde. Doch die Arten und deren Anzahl reduzieren sich weltweit drastisch – mit derzeit noch unabsehbaren ökonomischen und ökologischen Folgen.

Einzigartige Artenvielfalt

Auf der Erde sind derzeit circa 1 Million Insektenarten entdeckt und klassifiziert. Schätzungen gehen davon aus, dass es sogar mehr als fünfmal so viele Insektenarten auf der Erde gibt, diese bisher aber noch nicht entdeckt wurden. Insekten machen damit einen Großteil der weltweiten tierischen Artenvielfalt aus.

Die Vielzahl an Insekten und deren beeindruckende Artenvielfalt ist durch deren langen Fortbestand seit circa 480 Millionen Jahren erklärbar. Während dieses Zeitraums haben sie die Lebensräume an Land und im Wasser erobert, sich an vielseitige ökologische Nischen angepasst und gegenseitig die Vielfalt verstärkt. Sie kommen in allen Biotopen vor – außer auf dem offenen Meer und an den Polargebieten. 

Warum brauchen wir Insekten auf der Erde?

Insekten haben unseren Planeten maßgeblich mitgestaltet. Forschende sind sich sicher: Würde es keine Insekten mehr geben, wäre unser Planet eigentlich unbewohnbar. Sie erfüllen wichtige Aufgaben als Bestäuber, sind unabdingbar für den Erhalt der Bodenqualität. Sie kontrollieren ihren Bestand selber und sind Nahrung für viele anderen Tiere wie Vögel, Amphibien, Spinnen, Fische und Reptilien.

Bestäubung

Insekten übernehmen zentrale Ökosystemdienstleistungen und sind für das Funktionieren der Ökosysteme unverzichtbar. So spielen sie beispielsweise eine enorm wichtige Rolle als Bestäuber: In Deutschland sind rund 80 % der heimischen Wild- und Kulturpflanzen auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Durch den Insektenschwund kommt es folglich auch zu einem Rückgang der für die Landwirtschaft und Ökosysteme so wichtigen Bestäubungsleistung. Betroffen sind davon über 100 pflanzliche Nahrungsmittel, die auf tierische Bestäubungsleistung angewiesen sind. Darunter beispielsweise Kürbisse, Pflaumen, Kirschen, Äpfel, Erdbeeren, Tomaten, Kakao, Wassermelonen, Kaffee, Gurken oder Mandeln.

Nahrungsquelle

Insekten stehen häufig am Anfang langer Nahrungsketten. Vor allem Vögel, Igel, Frösche, Eidechsen oder Mäuse ernähren sich von Insekten. So spielen Insekten beispielsweise als Nahrung bei der Aufzucht von Jungvögeln eine wichtige Rolle, weswegen die Populationsentwicklung vieler Vogelarten direkt mit dem Vorkommen der Insekten zusammenhängt. 

Natürliche Schädlingsbekämpfer

Insekten leisten als natürliche Gegenspieler von Schädlingen in der Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Pflanzenschutz. Einige Insekten können als Nützlinge erfolgreich in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, was wiederum zu einem reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln beiträgt. Rund 90 Insektenarten werden derzeit im biologischen Pflanzenschutz eingesetzt.

Bodenverbesserer

Insekten lockern das Erdreich auf und machen den Boden fruchtbar. Im Wald sorgen sie für einen perfekten Kreislauf: sie fressen und verdauen alte Blätter, Nadeln und anderes Pflanzenmaterial. Was ausgeschieden wird, wird von speziellen Mikroorganismen weiterverarbeitet und der Umwelt als Nährstoffe zur Verfügung gestellt. Insekten zerkleinern und zersetzen Totholz und befreien so Wälder von schädlichen Einflüssen.

Die derzeitige Lage des Insektensterbens und dessen Ursachen

Wildbienen, Käfer, Fliegen, Falter – sie alle stellen das Fundament unserer Ökosysteme dar. Doch die Artenvielfalt der Insekten und deren Anzahl reduziert sich weltweit drastisch. Eine wissenschaftlich belegte Zahl zum globalen Insektenrückgang gibt es zwar nicht, eine erste Überblicksstudie der Universität Sydney aus dem Jahr 2018 trug die Ergebnisse regionaler Forschungen zusammen. Demnach nimmt die Population von 41 Prozent der Insektenarten ab, und ein Drittel aller Insektenarten ist vom Aussterben bedroht. Studien belegen, dass in Europa und Nordamerika die Vielfalt und die Menge von Nachtfaltern, Schmetterlingen, Käfern, Wildbienen und anderen Insekten regional unterschiedlich, aber deutlich zurückgehen. Einzelne Analysen aus anderen Teilen der Welt beschreiben denselben Trend. Insekten verschwinden vor allem von Äckern, Feldern und intensiv genutzten Wiesen.

Zerstörung naturnaher Lebensräume

Viele Insektenarten haben eine enge Bindung an bestimmte Biotope und damit einhergehend bestimmte Anforderungen an ihren Lebensraum. So sind sie beispielsweise an bestimmte Wirtspflanzen gebunden. Wird spezialisierten Insekten der Lebensraum genommen, haben sie oft keine Möglichkeiten, auf andere Habitate auszuweichen. Für den Artenrückgang können daher als einer der Hauptgründe Landnutzungsänderungen und der Verlust naturnaher Lebensräume beispielsweise durch Versiegelungen oder die Urbanisierung verantwortlich gemacht werden.

Intensivierung der Landwirtschaft

Insekten sind zudem auch insbesondere durch die Intensivierung der Landwirtschaft betroffen. Durch die Bewirtschaftung immer größerer Flächen in Monokulturen fehlt es vielen Insektenarten an Nahrung und Lebensraum. Auch die in der Landwirtschaft eingesetzten Düngemittel und Pestizide tragen zum Insektenschwund bei. Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt: Die Intensiv-Landwirtschaft, der Einsatz von Pestiziden und der Einsatz von Kunstdünger sind mit einem Anteil von knapp 50 % mit die Hauptgründe für den Insektenrückgang. Ein Rückgang der Insekten kann somit nur gestoppt werden, wenn die Landwirtschaft in Deutschland insektenfreundlicher gestaltet wird. So braucht es beispielsweise mehr Naturinseln in ausgeräumten Agrarlandschaften und kleinräumigere Landschaftsstrukturen. 

Wichtig ist dabei auf politischer Ebene die Änderung der Subventionierung von Landwirten durch die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik, GAP. In der derzeitigen Förderperiode bis 2027 wird immer noch nach Flächengröße subventioniert. Heißt: Flächenmäßig größere Betriebe erhalten automatisch mehr Subventionen, unabhängig davon, wie diese Flächen bewirtschaftet werden. Viele kleine Betriebe haben aufgrund dieser Art der Subventionierung aufgegeben, andere sind immer größer geworden und mit ihnen auch die Anbaufläche. Als Folge gibt es immer weniger Randstrukturen. Ein Vergleich von acht Regionen in Europa und Nordamerika zeigt, dass eine Verkleinerung der Ackerflächen zu einer stark erhöhten Artenvielfalt führt, weil auf diese Weise viele Insekten-, Vogel- und Pflanzenarten unterschiedliche Ressourcen nutzen können. Gerade die Feldränder sind wichtig, weil sie die Lebensräume der Insekten vernetzen. Neben der Ernährungssicherheit müsste auch die Aufrechterhaltung der biologischen Vielfalt bei der Subventionierung in der Landwirtschaft im Vordergrund stehen.

Klimatische Veränderungen

Die Artenkrise wird durch die Klimakrise verstärkt und vice versa. Dabei gibt es durchaus auch Arten, die vom Klimawandel profitieren. Insbesondere mobile, wärmeliebende Arten, die generalistisch in mehreren Lebensräumen leben können, zählen zu den Profiteuren des Klimawandels. Diejenigen Arten hingegen, die stark spezialisiert sind an bestimmte Lebensräume und Arten oder es feucht-nass und kühl brauchen, werden von den mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen zusätzlich in ihrem Bestand gefährdet. Viele Insektenarten sind hoch spezialisiert und haben keine Überlebenschance, wenn sich Ökosysteme ändern und Pflanzenarten verschwinden. Die Verarmung an Arten können wir bereits heute klar am Landschaftsbild erkennen können. Einheitliche Flächen mit nur wenigen Arten sind heute vielerorts Standard.

Was passiert, wenn das Artensterben in diesem Ausmaß weitergeht?

Immer wenn das natürliche Gleichgewicht der Natur und Ökosysteme gestört ist, gibt es Insektenarten, die sich rasant vermehren. Beispiele findet man heute bereits in der monokulturellen Landwirtschaft – der Kartoffelkäfer oder Maiszünsler – oder in der Forstwirtschaft – der Eichenprozessionsspinner beziehungsweise der Borkenkäfer. Einzelne Arten werden also verschwinden, während andere massiv im Bestand zunehmen. Als Folge dessen werden auch zunehmend Pflanzenarten aussterben, da beispielsweise Bestäuber fehlen oder Pflanzen kahl gefressen werden von den im Bestand rasant zunehmenden Arten. Als Folge wird es immer schwerer werden, erfolgreich Landwirtschaft zu betreiben.

Jeder einzelne kann helfen

Insekten brauchen zum Überleben möglichst viele Blühflächen, heimische Blumen und Stauden. Ein naturnaher Garten mit vielen Verstecken bietet vielen Insekten Lebensraum. Wenn möglich, überlassen Sie einen Teil Ihres Gartens sich selbst und mähen Sie nur 1 bis 2 Mal im Jahr. In Laubhaufen, unter Steinen oder in hohlen Stängeln verblühter Stauden finden kleine Nützlinge Schutz. Auch ein mit Sand gefüllter Kübel kann Insekten helfen, einen geeigneten Lebensraum zu finden. Zudem kann beim Einkauf auf den Kauf von Produkten aus ökologischem Landbau geachtet werden.

Generell muss, um dem Artensterben zu begegnen, der Verlust von Lebensraum gestoppt und zeitgleich die Erderwärmung bekämpft werden. Es gilt, Ökosysteme und Natur zu erhalten und diese zeitgleich wieder aufzubauen. Der Schutz und das Anlegen vielfältiger Lebensräume wie Hecken mit heimischen Pflanzen, naturnahe Wiesen und Flussbereiche mit ausreichend Lebensraum und Nahrung nicht nur für Insekten, sondern auch für Nagetiere, Kleinsäuger, Reptilien und Amphibien sind überlebenswichtig. Dabei sind alle gefragt, sowohl die Politik und Betriebe als auch die Zivilgesellschaft, ihren Teil zum Naturerhalt beizutragen. Mit gesamtgesellschaftlichen Bemühungen kann es gelingen, achtsamer mit der Natur und ihren Bewohnern umzugehen und damit den Artenverlust zu stoppen.

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Quellen:

BUND: Insektenatlas 2020, BMUV: Was sind Insekten?, NABU: Wunderwelt der Insekten, SWR2: Insektensterben

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