Es knistert
Aus dem Knistern wird ein Rauschen. Maki schreckt auf und hebt seinen Kopf unter seinem geringelten Schwanz hervor. „Nicht schon wieder.“, denkt er. Da bahnen sich schon die ersten Rauchwolken ihren Weg zwischen den Sträuchern. Jetzt aber schnell.
Maki richtet sich auf und verliert auf seinem Ast in luftiger Höhe fast das Gleichgewicht. „Wo sind denn alle hin?“, fragt er sich. Gemeinsam mit seiner großen Familie hatten sie abends hier auf dem Tamarindenbaum geschlemmt und sind vollgefuttert eingeschlafen. Doch jetzt kommt die Bedrohung in rasendem Tempo auf das Versteck der Lemuren-Gruppe zu. Maki drückt sich ab und segelt durch die Luft bis zum nächsten Baum. „Sie sind bestimmt schon auf der Flucht und haben mich vergessen.“ Getrieben von dem Feuer und der Enttäuschung, dass seine Familie ihn hier sitzen gelassen hat, verschwindet Maki in Richtung Waldrand.
Er hat es geschafft – weit genug weg von dem Brand kommt er wieder zu Atem. Doch leider ist er nicht wieder auf seine Familie gestoßen. Maki weiß ja selbst, dass er eigentlich schon viel zu alt ist. Normalerweise verlassen die männlichen Lemuren ihre Gruppe im Alter von drei Jahren. Maki ist sogar schon fünf. Es war nur eine Frage der Zeit, dass die Weibchen keine Lust mehr hätten, sich um ihn zu kümmern. Aber irgendwie hätte sich Maki einen schöneren Abschied gewünscht.
Sein Magen knurrt. Er muss sich auf Futtersuche begeben und hoffen, dass er nicht von der anderen Gruppe beim Essen in ihrem Revier erwischt wird. Auf kurz oder lang würde er sich eine neue Gruppe suchen müssen. Allerdings fühlt sich Maki noch nicht bereit dafür. Er war immer einer von den schmächtigeren Männchen und würde bestimmt von den stärkeren unterdrückt werden. Hungrig und ängstlich macht er sich auf allen Vieren auf den Weg.
Seinen Gedanken nachhängend hatte der kleine Lemur gar nicht gemerkt wie nah er dem Menschen-Dorf gekommen ist. Als er ein lautes Klopfen hört, schreckt er aus seinem Tagtraum und bemerkt wo er gelandet ist. Er beobachtet wie die Tür zu einer Hütte geöffnet wird und zwei kleine Kinder einen Mann umarmen, der wohl gerade an der Tür geklopft hat. „Dieser Mann kann einfach nach Hause kommen.“, denkt Maki traurig, „Da ist er willkommen.“
Er will sich gerade umdrehen, um schnell in den Wald zurück zu gehen, da riecht er es – es durftet himmlisch nach frischen Früchten. Der Duft kommt direkt aus dem Häuschen, in das der Mann verschwunden ist. Sollte er es wagen und sich dort ein paar Früchte stibitzen? Im Moment ist es ziemlich trocken – erst in der Regenzeit würde er wieder mehr Nahrung im Wald finden. Wegen der Menschen, die die vielen Feuer legen und die Bäume fällen, wird die Futtersuche immer schwieriger. „Es wäre doch nur gerecht, wenn ich mir wiederhole, was eigentlich sowieso uns Tieren gehört, oder?“ Entschlossen hüpft Maki auf das Fenster der Hütte zu.
Auf dem Fensterrahmen sitzend, belauscht er was gerade so vor sich geht. „Heute wurde schon wieder ein Feuer gelegt.“, sagt eine Männerstimme, „Begreifen die Menschen nicht, wie wichtig die Natur für uns ist?“ Maki schaut sich um. Ein Weihnachtsstern ziert den kleinen Holztisch und glitzernde Bilder von einem Mann mit einem buschigen weißen Bart hängen an der Wand. Direkt auf der anderen Seite neben einer Feuerstelle steht ein Korb mit frischen Früchten.
„Jetzt oder nie!“ Maki springt in das Zimmer und huscht zu dem Festmahl. Er schnappt sich eine Litschi, knackt gekonnt die Schale und verschlingt die süße Frucht. Doch wie er da so schmatzend sitzt, bemerkt er nicht den kleinen Jungen, der hineingekommen ist: „Papa schau mal! Ein Lemur!“ Polternd kommt die ganze Familie an – Maki sitzt in der Falle. Würden sie ihn einsperren und als Haustier behalten?
Doch es kam ganz anders, als gedacht. Zwar hatte der Vater den kleinen Lemuren erst einmal eingefangen, aber nur um ihn hinaus zu tragen auf sein Feld. Wie sich herausstellte, war er ein Bauer der anderen Art. Sein Feld grenzte direkt an den Regenwald und bestand nicht nur aus einer einzigen Pflanze, sondern aus vielen verschiedenen, leckersten Obst- und Gemüsesorten. Maki lief direkt das Wasser im Mund zusammen, als die Familie ihn dort ausgesetzt hatte. „Hier mein Kleiner. Du kannst so viel fressen wie du möchtest und es wird niemand kommen und unseren kleinen Wald zerstören.“, hatte der Mann zu ihm gesagt.
Die Familie ließ ihn laufen und nun kommen nur ab und zu die kleinen Kinder vorbei, um den Lemuren in ihrem essbaren Wäldchen zu beobachten. Maki beschloss dort zu bleiben. Nach ein paar Wochen kommt eines Tages das kleine Mädchen mit einem kleinen Baby-Baum zu ihm. Den Baum ziert eine Schleife. Sie buddelt ein Loch und setzt ihn hinein. Maki beobachtet alles ganz genau aus sicherer Entfernung. Als sie fertig ist, sagt sie: „Ich wollte dir unbedingt auch etwas schenken – Frohe Weihnachten!“ Maki freut sich. Nun hatte er doch eine Familie gefunden. Er ist glücklich.
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