Aktuelle Studien des Max-Planck-Institutes
Liebe Leserin, lieber Leser, Aktuelle Studien des Max-Planck-Institutes für Biogeochemie und des Europäischen Forschungsverbundes CarboEurope kommen zu dem Ergebnis, dass alte, naturbelassene Wälder wesentlich mehr CO2 aufnehmen, als bis dahin angenommen wurde. Ursprünglich ging man davon aus, dass Wälder ab einem bestimmten Alter genauso viel CO2abgeben wie sie aufnehmen. Während CO2 bei der Photosynthese der Pflanzen aufgenommen und der Kohlenstoff dabei in der organischen Substanz wie Blätter, Äste, Stämme und Wurzeln gespeichert wird, wird durch die Zersetzung organischer Substanz, z. B. beim Abbau toter Blätter und Stämme, CO2 wieder freigesetzt.Boden kann CO2 bis zu tTausend Jahre speichern
Ein Teil der toten organischen Substanz gelangt aber auch in den Boden und wird dort nur langsam, teilweise erst nach Jahrtausenden, abgebaut, so dass der Boden wie die Biomasse ein großer Speicher für Kohlenstoff ist. Vor allem alte, ungestörte Wälder weisen oft große Kohlenstoff-Vorräte im Boden auf.Auch alte Wälder absorbieren CO2
Naturbelassene Wälder sind reich strukturiert und neben großen, alten Bäumen wachsen immer zahlreiche Junge nach. Selbst die alten, also 150-Jahre und ältere Waldbestände, nehmen mitunter mehr Kohlenstoff in Form von CO2 auf, als durch Zerfallsprozesse wieder an die Atmosphäre abgeben wird.Speicherkapazität kann zerstört werden
Doch diese Speicherkapazität der Wälder kann leicht zerstört werden. Die größte Zerstörung geschieht, wenn ein alter, naturbelassener Wald abgeholzt und in Ackerland umgewandelt wird. Dann geht nicht nur die Speicherkapazität der Bäume verloren, sondern es werden auch die Kohlenstoff-Vorräte im Boden freigesetzt und die Speicherkapazität der Böden zerstört. Durch Umpflügen und Bearbeitung des Bodens wird zunehmend mehr organische Substanz abgebaut und CO2 an die Atmosphäre abgegeben. Gleichzeitig verbleibt immer weniger tote organische Substanz auf dem Feld, so dass die ursprünglichen Kohlenstoff-Vorräte im Boden nicht wieder aufgebaut werden können.Forstwirtschaft reduziert Kohlenstoff-Speicher
Auch eine Umwandlung von Urwäldern in Forstwälder führt häufig zu einer Reduktion der Kohlenstoff-Speicherung in der Baumbiomasse, und bei intensiver Bewirtschaftung auch im Boden. Bei einer intensiven Forstwirtschaft mit Kahlschlag und Wiederaufforstung wird oft mit schweren Maschinen gearbeitet, die den Boden aufwühlen und umgraben, so dass auch hier vermehrt organische Substanz abgebaut wird. Wenn der Wald zudem noch komplett ausgeräumt wird, das heißt, dass neben den Stämmen auch alle Äste und Zweige nach der Baumernte aus dem Wald genommen werden, bleibt keine Biomasse mehr übrig, die dem Boden zugeführt werden könnte.Erhöhte CO2 -Freisetzung
Ebenso hat sich gezeigt, dass intensiv bewirtschaftete, gleichaltrige Wälder mit standortfremden Baumarten, das heißt zum Beispiel Fichtenkulturen auf Standorten wo natürlicherweise nur Buchenwälder wachsen würden, vermehrt der Gefahr von Sturmschäden und damit auch von erhöhter CO2-Freisetzung ausgesetzt sind.Positive CO2-Bilanz
In Fichtenmonokulturen sammelt sich die tote organische Substanz statt im Boden oft nur auf dem Mineralboden an, wo sie nicht mehr vor Windwurf oder Baumernte geschützt ist. Naturnah bewirtschaftete Wälder mit einer selektiven Holznutzung und einem großen Anteil an standorttypischen Baumarten haben dagegen eine ähnlich positive CO2-Bilanz wie ungestörte Wälder. Selbstverständlich gilt es auch hier abzuwägen. Grundsätzlich haben viele Holzprodukte eine wesentlich bessere CO2-Bilanz, als industriell und chemisch hergestellte Produkte, insbesondere wenn sie aus einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung stammen. Holzprodukte, die aus Urwäldern stammen, sollte man jedoch mit Vorsicht betrachten und eher vermeiden.Schutz von Wäldern sichert wichtige CO2-Speicher
Die zentrale Kernaussage der Studien des Max-Planck-Institutes besagt: Vor allem der Schutz bestehender Urwälder und alter Wälder würde dazu beitragen, wichtige Kohlenstoff-Speicher der Erde zu erhalten. Noch heute nehmen Wälder, vor allem alte Wälder, etwa 20 Prozent der menschlichen CO2-Emissionen auf. Zudem ist der Schutz von alten Wäldern im Vergleich zu technischen Maßnahmen der CO2-Reduktion äußerst kostengünstig. Und 'last but not least', würde der Erhalt von Wilden Wäldern auch zu einem Erhalt von Lebensräumen für eine Vielzahl von Arten führen. Natürlich ersetzt eine Maßnahme nicht die andere – die Reduktion von CO2 durch technischen Fortschritt wie auch Energiesparmaßnahmen sind und bleiben wichtig. Doch der Schutz von alten Wäldern und Urwäldern könnte eine zentrale Rolle dabei spielen, den Wettlauf bei der Klimaerwärmung zu gewinnen und den Anstieg der Temperaturen auf ein noch erträgliches Maß zu halten.Umdenken notwendig
Dies setzt allerdings ein Umdenken bei uns Menschen voraus. Der Grundsatz hieße dann nicht mehr: "Machet Euch die Erde untertan und setzt alle Eure Fähigkeiten ein, die Natur zu kontrollieren." Vielmehr fordert dieses Wissen den Menschen zu einer eher unorthodoxen Haltung auf, nämlich: "Finger weg von der Natur, besonders dort, wo noch alte Wälder vorhanden sind." Es ist vor allem eine Aufforderung an uns Menschen, die noch verbleibenden alten, wilden Wälder zu erhalten und zu schützen.Publikationen zum Thema:
‘Carbon Balance of Forest Effects of reforestation, deforestation, and afforestation on carbon storage in soils’, von C. Czimczik, M. Mund, E.-D. Schulze, C. Wirth, in: The Carbon Balance of Forest Biomes, 2005.‘Partitioning direct and indirect human-induced effects on carbon sequestration of managed coniferous forests using model simulations and forest inventories’, von M. Vetter, C. Wirth, H. Böttcher, G. Churkina, E.-D. Schulze, Thomas Wutzler, G. Weber, in: Global Change Biology, 2005.
‘Silviculture and Its Interaction with Biodiversity and the Carbon Balance of Forest Soils’, von M. Mund und E.-D. Schulze, in: Ecological Studies, 2005.
‘Large carbon uptake by an unmanaged 250-year-old deciduous forest in Central Germany’, von A. Knohl, E.-D.Schulze, Olaf Kolle, Nina Buchmann, Max-Planck-Institut für Biogeochemie Jena, 2002.