Studie zeigt Auswirkung von Polarwirbeln
In den USA bringen arktische Luftmassen in diesen Tagen über Thanksgiving einen Kälteeinbruch, es werden eisige Temperaturen und kalte Winde vorhergesagt. Treiber für solche Winterwetterextreme ist häufig der stratosphärische Polarwirbel, ein Band sich schnell bewegender Winde 30 Kilometer über dem Boden. Im Winter, wenn der Polarwirbel durch nach oben wehende Luftmassen gestört wird, kann das zu Kälteeinbrüchen über dem Nordosten Amerikas oder Eurasien führen, wie eine neue Studie jetzt zeigt. Und so paradox es auch erscheinen mag, der Klimawandel könnte die komplexe Dynamik in der Atmosphäre weiter stören – und uns so nicht nur mehr heiße Extreme im Sommer, sondern möglicherweise auch Kälteeinbrüche im Winter bringen.
„Es gibt zwei unterschiedliche Wege, wie der stratosphärische Polarwirbel das Wetter im Winter beeinflusst“, erklärt Marlene Kretschmer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Hauptautorin der jetzt in npj Climate and Atmospheric Science veröffentlichten Studie. Normalerweise bewegen sich planetare Wellen, also riesige Luftströme in der oberen Troposphäre, horizontal und transportieren Ketten von Hoch- und Tiefdrucksystemen. „Aber im Winter bewegen sich diese planetaren Wellen auch vertikal auf- und abwärts und treffen so auf den Polarwirbel in der Stratosphäre. Der Polarwirbel kann die planetaren Wellen entweder absorbieren und dadurch Kältewellen in Europa und Russland verursachen, oder sie reflektieren und eisige Temperaturen über die USA und Kanada bringen.“
Die Wissenschaftler analysierten die täglichen stratosphärischen Daten in der Polarregion von 1979 bis 2017. „Innerhalb dieser Daten fanden wir bestimmte Muster des Polarwirbels und fragten uns: Wie könnten diese Muster mit extremem Winterwetter zusammenhängen?“, sagt Vivien Matthias, ebenfalls vom PIK und Mitautorin der Studie. „Und tatsächlich haben wir in unserer Studie gezeigt, dass die physikalischen Mechanismen hinter diesen Reflexions- und Absorptionsmustern stark mit den Kälteeinbrüchen über dem Nordosten Amerikas und Eurasien in den letzten Jahren zusammenhängen.“ Um die genauen Mechanismen zu entwirren, wurden neue, innovative Machine Learning Methoden eingesetzt, um die Ursache-Wirkungs-Beziehungen in der Atmosphäre zu ermitteln. Diese komplexen Mechanismen zu bestimmen ist ein wichtiger Schritt nach vorn.
Kälteextreme können erhebliche Schäden für Menschen und Unternehmen verursachen
„Winterliche Kälteextreme treffen viele Millionen Menschen in den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt, das kann die Bewohner in Not bringen, die Infrastruktur belasten und zu wirtschaftlichen Verlusten führen“, sagt Judah Cohen, Co-Autor von Atmospheric and Environmental Research (AER), einem Verisk-Unternehmen (Nasdaq:VRSK) mit Sitz in Lexington, USA. „Wir haben einen Mechanismusfür solche Kälteeinbrüchegefunden, der insbesondere die Vereinigten Staaten betrifft, wodurch die Energieversorgung dort erschöpft und die Stromnetze durch solche Kälteperioden lahmgelegt werden könnten wie Ende Dezember und Anfang Januar letzten Winters, mehrmals im Winter 2013/14 und sogar an diesem Thanksgiving-Fest. Durch ein besseres Verständnis des Verhaltens des Polarwirbels und dem Zusammenhang zu Kälteeinbrüchen können wir solche kalten Wochenbesser und früher vorhersagen.“
Den Zusammenhang zwischen Treibhausgasemissionen, atmosphärischen Strömungen und extremen Wetterereignissen am Boden zu untersuchen ist hochaktuelle Wissenschaft mit großen praktischen Auswirkungen. „Es ist sehr wichtig zu verstehen, wie der Klimawandel solche kalten Winterwetterextreme beeinflussen könnte“, fügt Dim Coumou vom PIK und der Vrije Universiteit Amsterdam, Niederlande, hinzu. „Die Unsicherheiten sind recht groß, aber die globale Erwärmung stellt ein klares Risiko dar, da sie das Potenzial hat, die Zirkulationsmuster zu stören, die unser Wetter beeinflussen. Um ernsthafte Risiken des Klimawandels wie Extremwetterereignisse zu vermeiden, müssen wir unsere Ambitionen zur Klimastabilisierung weiter verstärken.“
Auszug aus der Pressemitteilung der PIK Pressemeldung vom 22.11.2018