Die Wisente sind zurück in Deutschland
Der Wisent ist der letzte große Grasfresser Europas. Er ist verwandt mit dem Amerikanischen Bison und wird daher auch Europäischer Bison genannt. Das bis zu 3 Meter große Tier lebte ursprünglich in Laubwäldern, lichten Savannen und Feuchtgebieten und ernährte sich vor allem von Blättern, Gräsern und Seggen. Noch vor einigen Jahrhunderten zogen wildlebende Wisentherden durch weite Teile Mitteleuropas, darunter auch durch Deutschland.
Doch die Tiere wurden erbittert gejagt und aus ihren natürlichen Lebensräumen vertrieben. In den 1920er Jahre wurde das letzte freilebende Wisent erschossen. Lediglich 54 Wisente überlebten in Zoos und Tierparks, darunter viele in Deutschland.
Abenteuer Wisentrettung
Und das Abenteuer der Wisentrettung begann. Tierschützer und Wisentfreundinnen starteten 1923 eine Initiative für ein Wisentzuchtprogramm. Eine erste Erfassung ergab, dass von den 54 noch lebenden Wisenten nur 12 für die Zucht geeignet waren.
Mit viel Einsatz gelang es den Naturschützern, die Wisentpopulation Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Anfangs waren es vor allem Wisentfreundinnen in Deutschland und Polen, doch heute gibt es intensive Zucht- und Wiederansiedlungsbemühungen in ganz Europa sowie in Russland und der Ukraine. Aktuell gibt es wieder über 7.000 Wisente, mehr als die Hälfte davon freilebend. Auch die berühmten Wisente im Białowieża-Nationalpark in Polen stammen von diesen 12 Wisenten ab.
Wiederansiedlung der Wisente in Deutschland
2003 begannen Naturschützer eine Wiederansiedlung der Wisente in Deutschland vorzubereiten. Der Prinz zu Sayn-Wittgenstein mit einem Waldbesitz von über 10.000 Hektar im Rothaargebirge, Nordrhein-Westfalen konnte für dieses außergewöhnliche Projekt gewonnen werden.
Es wurde der Verein Wisent Welt Wittgenstein gegründet. In enger Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzministerien wurde eine mögliche Auswilderung der Wisente ein Jahrzehnt lang geprüft und vorbereitet. Daneben fanden zahlreiche Gespräche und Informationsveranstaltungen mit den angrenzenden Gemeinden statt. Die Gespräche waren Ergebnisoffen, doch nachdem sowohl die Behörden wie auch die Gemeinden ihre Zustimmung zur Auswilderung der Wisente gaben, wurden die ersten acht Tiere am 11. April 2013 im Rothaargebirge frei gelassen.
Es ist eine Erfolgsgeschichte. Die Tiere haben sich gut angepasst, sind gesund und mittlerweile zu einer Herde von 20-25 Tieren angewachsen. Eine Umfrage in den angrenzenden Gemeinden im Rothaargebirge fünf Jahre nach der Auswilderung ergab, dass 85% der Bevölkerung die freilebenden Wisente in ihrer Region positiv sehen. Immer mehr Touristen kommen ins Rothaargebirge, um nach 400 Jahren die ersten wilden Wisente in Deutschland zu erleben.
Einige Waldbesitzer und Jäger tun sich schwer
Doch einige Waldbesitzer und Jäger tun sich mit den freilebenden Wisenten immer noch schwer. In kalten Winter, wenn es kaum noch Gras zu fressen gibt, ernähren sich die Tiere oft von Baumrinde. In einem Privatwald soll gemäß einem Gutachten dabei ein Schaden von 12.000 € entstanden sein. Zwei Waldbesitzer zogen deshalb vor Gericht mit der Forderung, dass die Wisente wieder in Gehege gesperrt werden müssen.
Nicht alle Waldbesitzer denken so. Auch Rehe und Rotwild fressen, nicht nur im Winter, die Rinde der Bäume ab. Das gehört eben zum Wald dazu, sagte ein Waldbesitzer. Doch diese zwei Waldbesitzer blieben bei ihrer Forderung, dass die freilebenden Wisente wieder in Gatter gesperrt werden müssen.
Nachdem der Rechtsstreit durch mehrere Instanzen ging, liegt er nun beim Obersten Gericht, dem Bundesgerichtshof. Dort wird am 16. November 2018 darüber entschieden, ob es freilebende Wisente in Deutschland geben darf oder nicht. Dieses Urteil wird eine wichtige Signalwirkung für alle zukünftigen Auswilderungsprojekte in Deutschland haben und dürfte auch EU-weit Beachtung finden.
Gericht entschied zugunsten des amerikanischen Bisons
Der Yellowstone-Nationalpark in den USA liegt in den Ausläufen der Rocky Montains und wurde 1872 gegründet, um die einzigartige Natur und viele wildlebende Arten zu schützen. Einige wenige Bisons hatten das beispiellosen Massaker der weißen Siedler an den ehemals 60 Millionen Tieren hier im Yellowstone-Nationalpark überlebt. Intensive Schutzbemühungen sorgten dafür, dass heute wieder zwei große Herden freilebender Bisons im Nationalpark beheimatet sind.
In den kalten Wintern verlassen die Tiere auf der Suche nach Nahrung den Park und bewegen sich im angrenzenden Umland. Einige Farmer sahen die Bisons als Gefahr, da sie Infektionskrankheiten auf Rinder übertragen können und diesen zudem das Weidegras wegfressen würden. Lange Zeit wurden die Bisons entweder in Treibjagden zurück in den Nationalpark gejagt oder sogar erschossen.
Anfang 2008 zogen Viehzüchter in Montana vor Gericht, um sogar die Jagd auf die Tiere legalisieren zu lassen, sollte der Bundesstaat Montana nicht in der Lage sein, die Tiere von privaten Flächen fernzuhalten. Doch John Brown, Bezirksrichter von Montana wies am 27. Mai 2010 diese Klage zurück, da er befand, dass der Wisent Teil der Natur ist und die Farmer, welche von dieser Natur lebten und auch profitieren, diese Natur mit ihren Wisenten akzeptieren müssen.
Naturefund unterstützt das Projekt "Freilebende Wisente" seit 2020. Helfen Sie uns dabei, freilebende Wisente in Deutschland zu fördern. Mit 10 € sichern sind 20 m² Wildnis für die Wisente.
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