So viel Leben! Der Boden hat höchste Biodiversität
Unterschätztes Habitat
Der Boden, eine vielschichtige Zone zwischen Felsuntergrund und Erdoberfläche, ist nicht nur wesentlich für das Wachstum von Pflanzen, sondern auch Habitat für eine erstaunliche Vielfalt von Organismen. Dieser Lebensraum spielt eine entscheidende Rolle in den globalen Stoffkreisläufen und beeinflusst somit das Klima, die Atmosphäre und die Biosphäre unseres Planeten. Doch trotz seiner Bedeutung wurde die Vielfalt der Bodenorganismen bisher nur unzureichend erforscht.
Frühere Schätzungen zur Artenvielfalt im Boden bezogen sich meist nur auf bodenlebende Tierarten und kamen auf einen Anteil von rund einem Viertel der gesamten Artenvielfalt. Dabei wurden wichtige Gruppen wie Mikroorganismen, Viren, Pilze und Pflanzen nicht berücksichtigt. Eine neue Studie unter Leitung von Schweizer Wissenschaftlern hat sich nun daran gemacht, diese Lücke zu schließen.
Foto: WSL
Verschiedenste Lebewesen
Bodenorganismen erfüllen einzigartige Funktionen, auf die wir für unsere Ernährung, unsere Fasern und die Gesundheit von Mensch und Erde angewiesen sind. Die Wissenschaftler haben nun Daten ausgewertet und zeigen, dass im Boden wahrscheinlich 59 ± 15 % der Arten auf der Erde leben. Zudem gehen sie davon aus, dass die biologische Vielfalt des Bodens etwa doppelt so groß ist wie in früheren Schätzungen. Berücksichtigt wurden dabei alle Arten von den einfachsten (mikrobiellen) bis zu den komplexesten (Säugetiere) Organismen. Den größten Anteil an Arten im Boden haben mit 98,6 % die Enchytraeidae. Während nur etwa 3,8 % der Säugetiere bodenlebend sind, erreichen die Weichtiere 20 % wie Regenwürmer bzw. Schnecken und die Gliederfüßler bereits 30 %. Ein Großteil der Pflanzen, bis zu 67 % ihrer Biomasse, befindet sich als Wurzeln und Knollen unter der Erde, wo auch ihre Samen keimen. Besonders bemerkenswert sind die Pilze, von denen rund 90 % der über sechs Millionen Arten im oder am Boden leben.
Foto: Andy Murray
Die Forschenden sammelten Informationen über die Gesamtzahl der Arten in verschiedenen Organismengruppen, von winzigen Bakterien bis hin zu imposanten Bäumen und Säugetieren. Dabei wurden bewusst auch Hochrechnungen und Schätzwerte verwendet, um die noch unentdeckte Vielfalt im Boden zu berücksichtigen. Die Untersuchung ergab, dass mehr als zehn Milliarden Spezies entweder vollständig oder zumindest teilweise im Boden leben – Viren nicht eingerechnet.
Das bedeutet, dass der Boden nicht nur ein Schlüssel zur Erhaltung der globalen Biodiversität ist, sondern auch ein Schlüssel zur Aufrechterhaltung der ökologischen Balance unseres Planeten. Der unscheinbare Boden sollte als das gewürdigt werden, was er ist: der artenreichste Lebensraum der Erde.
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Quellen: Studie, wissenschaft.de, Scinexx
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