Resistenzen und jahrelange Speicherung

Individuen können Resistenzen gegenüber Pestiziden aufbauen – die Pestizide wirken dann nicht mehr gegen ihre Zielorganismen. Um diesen Resistenzen entgegen zu wirken werden immer mehr Pestizide auf den Markt gebracht.

Die Entstehung von Resistenzen

In jeder Population von Organismen gibt es einige Individuen, die eine Resistenz gegenüber Pestiziden aufgebaut haben. Bei mehrfacher Anwendung von Pestiziden überleben nur diejenigen Individuen, die resistent gegenüber dem Pestizid sind. Es findet also bei Pestizidbehandlungen eine eigentlich ungewollte Selektion von Individuen mit Resistenzgenen statt. Somit besteht nach einigen Anwendungen mit dem gleichen Pestizid die Population nur noch aus resistenten Organismen – Das Pestizid verliert seine Wirkung.

Bereits 1980 beschrieb ein Bericht des UN-Umweltprogramms Pestizidresistenzen als eines der vier wichtigsten Umweltprobleme weltweit.76 Global existieren mittlerweile etwa tausend resistente Insekten-, Milben- und Nagetierarten und etwa 550 Unkraut-Arten und Pflanzenpathogene. 77

Ein Teufelskreis entsteht

Um vorhandene Resistenzen zu umgehen, werden weitere Pestizide eingesetzt. 78 Man schätzt, dass in den USA etwa 10 % der Pestizide dazu dienen, Resistenzen zu bekämpfen. Durch vermehrtes Auftreten Glyphosat-resistenter Beikräuter wurde dort beispielsweise der Herbizideinsatz erhöht.

Agrochemiekonzerne entwickeln vermehrt Kulturpflanzen mit veränderten Genen, welche eine Resistenz gegenüber Herbiziden besitzen. Diese Pflanzen entwickeln dann allerdings wiederum zusätzliche Resistenzen, wodurch der Kreislauf wieder von vorne beginnt und immer mehr Pestizide eingesetzt werden.

Vor allem in der USA werden durch die weite Verbreitung von gentechnisch veränderten Kulturen besonders große Mengen an Herbiziden eingesetzt. Glyphosat-resistente Unkräuter erstrecken sich dort bereits über 24 Millionen Hektar Ackerland. Hauptverantwortlich dafür ist die Förderung von Monokulturen. 81

Pestizide finden ihren Weg zurück

DDT oder Atrazin sind besonders langlebige chlororganische Verbindungen. Sie konnten bereits auf Gletschern, in den Ozeanen, in der Arktis und Antarktis nachgewiesen werden. Orte, wo im Umkreis von Tausenden Kilometern keine Pestizide angewendet wurden.

Pestizide gelangen über Niederschläge und durch Auswaschungen aus Böden in Seen und Flüsse und von dort ins Meer. In der Nordsee und im Mittelmeer sind hohe Konzentrationen verschiedener Pestizide nachweisbar. In einigen Ländern belasten Pestizide auch einen großen Teil des Grundwassers – Atrazin beispielsweise zählt heute noch zu den häufigsten Verschmutzern des Grundwassers, obwohl es bereits vor mehr als 20 Jahren verboten wurde.

Schmelzende Gletscher geben Pestizide frei

Durch das Schmelzen der Gletscher werden Pestizide freigesetzt, die vorher über Jahrzehnte im Eis eingeschlossen waren. 83 Diese wurden über Luftverfrachtungen auf die Gletscher übertragen und werden nun durch die Klimaerwärmung nach und nach freigegeben. Beispielsweise konnte in Adélie-Pinguinen in der Antarktis der Gehalt von DDT über mehr als 30 Jahre nachgewiesen werden. 87 Es liegt nahe, dass Schmelzwasser von Gletschern den Ursprung für die DDT-Belastung darstellt. Berechnungen haben ergeben, dass über Gletscherabtragungen pro Jahr circa ein bis vier Kilogramm DDT ins Meerwasser gelangt. Es lagert sich so im Fettgewebe der Pinguine ab und verbleibt über Jahrzehnte im Körper. Dieses Problem findet in der Diskussion um den Klimawandel meist keine Beachtung.

Regenwasser und Trinkwasser kontaminiert

Pestizide findet man auch im Trinkwasser und europäischen Gewässern. Diese sind stärker belastet als bisher angenommen: Wissenschaftler analysierten Daten von über 4000 Messstellen zu 223 Chemikalien aus den Einzugsgebieten von 91 Flüssen, darunter beispielsweise auch die Donau oder der Rhein. Die chemische Belastung stellte für rund die Hälfte der Gewässer ein ökologisches Risiko dar – Bei rund 15 % können sogar akut toxische Effekte auf Gewässerorganismen auftreten. 94 Hauptverursacher dessen sind die Landwirtschaft und Kläranlagen.

In der Schweiz waren Regenwasserproben so stark mit Pestiziden (Atrazin, Alachlor) kontaminiert, dass es nicht mehr als Trinkwasser deklariert werden durfte. 88 In der EU gilt ein Grenzwert von hundert Nanogramm Pestizid pro Liter Trinkwasser. In einer Regenprobe wurden fast 4000 Nanogramm pro Liter des verbreitet eingesetzten Pestizids 2,4-Dinitrophenol gefunden.

Pestizide befinden sich auch an den tiefsten Stellen der Weltmeere

Auch an den tiefsten Stellen der Weltmeere sind Pestizide nachweisbar. 92 In Flohkrebsen, welche in 10.000 Metern Tiefe leben, wurden Schadstoffe gefunden, die seit über 30 Jahren verboten sind (PCE, PBDE). Die Schadstoffwerte der Krebse waren laut Untersuchung fünfzigmal so hoch, wie die von Krabben, die in stark verschmutzten Flüssen Chinas leben.

Mitglied werden und Ökosysteme schützen

Studien

Author: S. Villa et al. (2003)   Paper: Journal of Atmospheric Chemistry

Historical Trends of Organochlorine Pesticides in an Alpine Glacier

The significance of persistent organic pollutants, such as organochlorine compounds, as global contaminants in cold regions has been recognised for a long time. In particular, there is a growing interest on the role of high mountains as ‘cold condensers’ for these chemicals. In this paper, for the first time, organochlorine pesticides (DDTs, HCHs, HCB) are analysed in an ice core sampled on a ‘cold’ glacier in the Alps.

Author:
S. Villa et al.
Published:
2003
Paper:
Journal of Atmospheric Chemistry
Pages
295–311
Link/Pdf:
https://link.springer.com/article/10.1023/A:1026316217354
Author: X. Wang et al. (2016)   Paper: Science of the Total Environment

A reviewof current knowledge and future prospects regarding persistent organic pollutants over the Tibetan Plateau

Since the turn of the century, our understanding of the quantities, transport pathways, and fate of persistent organic pollutants (POPs) over the Tibetan Plateau (TP), the largest and highest plateau on Earth, has greatly enhanced. In general, the levels of most POPs are similar or lower than values reported for other background regions. However, dichlorodiphenyltrichloroethane (DDT) and hexachlorocyclohexane (HCH) levels in air and soil far exceed those measured in other mountainous areas.

Author:
X. Wang et al.
Published:
2016
Paper:
Science of the Total Environment
Pages
139–154
Link/Pdf:
http://bit.ly/2n7PXhE
Author: J. Socorro et al. (2016)   Paper: Scientific Reports

The persistence of pesticides in atmospheric particulate phase: An emerging air quality issue

The persistent organic pollutants (POPs) due to their physicochemical properties can be widely spread all over the globe; as such they represent a serious threat to both humans and wildlife. According to Stockholm convention out of 24 officially recognized POPs, 16 are pesticides.

Author:
J. Socorro et al.
Published:
2016
Paper:
Scientific Reports
Pages
1-7
Link/Pdf:
https://www.nature.com/articles/srep33456
Author: H. N. Geisz et al. (2008)   Paper: Environmental Science & Technology

Melting Glaciers: A Probable Source of DDT to the Antarctic Marine Ecosystem

Persistent organic pollutants reach polar regions by longrange atmospheric transport and biomagnify through the food web accumulating in higher trophic level predators. The paper analyzes Adélie penguin (Pygoscelis adeliae) samples collected from 2004 to 2006 to evaluate current levels of ΣDDT (p,p′- DDT+p,p′-DDE) in these birds, which are confined to Antarctica.

Author:
H. N. Geisz et al.
Published:
2008
Paper:
Environmental Science & Technology
Pages
3958–3962
Link/Pdf:
https://pubs.acs.org/doi/10.1021/es702919n
Author: T. D. Bucheli (1998)   Paper: Environmental Science & Technology

Occurrence and Behavior of Pesticides in Rainwater, Roof Runoff, and Artificial Stormwater Infiltration

To prevent overloading of sewer systems and to ensure sufficient recharging of the groundwater underneath sealed urban areas, collection and artificial infiltration of roof runoff water has become very popular in many countries including Switzerland. However, there is still a considerable lack of knowledge concerning the quality of roof runoff, particularly with respect to the presence of pesticides. In this work, the occurrence and the temporal variations in concentration in rainwater and in roof runoff from different types of roofs were determined for the most important members of three widely used classes of pesticides (i.e., triazines, acetamides, phenoxy acids).

Author:
T. D. Bucheli
Published:
1998
Paper:
Environmental Science & Technology
Pages
3457-3464
Link/Pdf:
https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es980317n
Author: P. Sabatier et al. (2014)   Paper: PNAS

Long-term relationships among pesticide applications, mobility, and soil erosion in a vineyard watershed

Agricultural pesticide use has increased worldwide during the last several decades, but the long-term fate, storage, and transfer dynamics of pesticides in a changing environment are poorly understood. Many pesticides have been progressively banned, but in numerous cases, these molecules are stable and may persist in soils, sediments, and ice.

Author:
P. Sabatier et al.
Published:
2014
Paper:
PNAS
Pages
15647–15652
Link/Pdf:
https://www.pnas.org/content/111/44/15647
Author: A. J. Jamieson et al. (2017)   Paper: Nature Ecology & Evolution

Bioaccumulation of persistent organic pollutants in the deepest ocean fauna

The legacy and reach of anthropogenic influence is most clearly evidenced by its impact on the most remote and inaccessible habitats on Earth. Here we identify extraordinary levels of persistent organic pollutants in the endemic amphipod fauna from two of the deepest ocean trenches (>10,000 metres). Contaminant levels were considerably higher than documented for nearby regions of heavy industrialization, indicating bioaccumulation of anthropogenic contamination and inferring that these pollutants are pervasive across the world’s oceans and to full ocean depth.

Author:
A. J. Jamieson et al.
Published:
2017
Paper:
Nature Ecology & Evolution
Link/Pdf:
https://www.nature.com/articles/s41559-016-0051
Author: E. Malaj et al. (2014)   Paper: PNAS

Organic chemicals jeopardize the health of freshwater ecosystems on the continental scale

Protection of freshwater ecosystems from organic pollutants is important to preserve biodiversity and the goods they provide to society, such as clean drinking water and recreation. Organic chemicals have been shown to adversely impact freshwater ecosystems in local and regional studies. For the first time, this paper provides strong evidence that chemicals threaten the ecological integrity and consequently the biodiversity of almost half of the water bodies on a continental scale, based on the analysis of governmental monitoring data from 4.000 European sites.

Author:
E. Malaj et al.
Published:
2014
Paper:
PNAS
Pages
9549-9554
Link/Pdf:
https://www.pnas.org/content/111/26/9549

Natur schützen

Unterstützen Sie unsere Projekte und schützen Sie Lebensräume.

Unser täglich Gift

Die aufgeführten Daten und Fakten stützen sich auf das Buch "Unser täglich Gift" von Johann G. Zaller, Ökologe an der Wiener Universität für Bodenkultur sowie Experte der Österreichischen Biodiversitätskommission.

"Unser täglich Gift"