Die "Bürgeroper"
Was vor 5.000 Jahren in der sumerischen Stadt Uruk geschah, ist hochaktuell für Wiesbaden.
In seinem Hochmut fällte Gilgamesch einen heiligen Zedernwald und zog damit den Zorn der Götterwelt auf sich. Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger schreiben die Geschichte jetzt um: Am 1. Juni wird symbolisch der Boden bereitet, um einen Zedernbaum im Park Schloss Freudenberg zu pflanzen.
Für Wiesbaden ist es eine besondere Begegnung mit der alten Geschichte. Das Staatstheater Wiesbaden führt im Verein mit dem Amt für Soziale Arbeit ein einzigartiges Projekt durch. Bürgerinnen und Bürger erfinden für die Stadt die Oper 'Gilgamesch'. Vom ersten Wort über die gesamte Komposition bis hin zur Aufführung im Sommer 2011 gestalten gut 200 Menschen aus Wiesbaden und Umgebung das Kunstwerk. In der Auseinandersetzung mit dem uralten Epos zeigt die Oper ihren Helden als selbstherrlichen König, als Freund und Retter, aber auch als ruhmsüchtigen Zerstörer des Zedernwaldes.
Keine Geschichte hätte passender sein können in der heutigen Zeit von Klimawandel und Naturzerstörung. Schon vor 5.000 Jahren musste Gilgamesch einen hohen Preis für das Fällen der Bäume bezahlten. Die Götter töteten zur Strafe seinen wilden Freund Enkidu. Aus Schmerz und vielleicht auch aus Angst vor seinem eigenen Tod machte sich Gilgamesch auf die Suche nach der Unsterblichkeit. Doch am Ende muss er auch hier sein Scheitern eingestehen.
Die Lösung und Erlösung erfährt Gilgamesch erst, als er in seine Stadt Uruk zurückkehrt und dort tatkräftig gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern eine menschenwürdige Stadt für eine lebenswerte Zukunft schafft. So alt diese Geschichte auch ist, sie macht uns heute deutlich, dass wir im Hochmut scheitern werden. Nur im gemeinsamen Einsatz für das Wohl aller können wir eine lebenswerte Zukunft schaffen. Nur so kann die Menschheit, im Grunde wie Gilgamesch, dann doch noch Unsterblichkeit erlangen.
Die Wiesbadener Oper 'Gilgamesch' ist in vieler Hinsicht symbolträchtig. Gemeinsam zum Wohle und zur Freude aller wird ein Werk geschaffen. Statt Bäume zu fällen, wird ein Baum gepflanzt. Matthias Vogt, begeisterter Teilnehmer an diesem Projekt und Initiator der Aufforstungsaktion: "Neben der theoretischen Arbeit am Schreibtisch wollten wir auch etwas Praktisches tun. Die Gilgamesch-Oper ist ein Kunstwerk, das wir nur sehen, wenn es aufgeführt wird. Doch dieser Baum ist nachhaltig, ein Beitrag zur Bereicherung der Natur und etwas Bleibendes. Wir können noch in 30 Jahren schauen, wie es dem Baum geht."
Glücklicherweise trafen sich Matthias Vogt und der Leiter des Erfahrungsfeld Landschaft am Schloss Freudenberg, Bernhard Stichlmair. Er hatte dort schon vor Jahren 10 Obstbäume mit einer sehr aufwändigen, aber besonders nachhaltigen Methode gepflanzt, für die sich auch Matthias Vogt begeistern konnte. Schnell war klar, dass der Gilgamesch-Baum im Schlosspark Freudenberg gepflanzt werden würde.
Bereits vor einigen Wochen wurde ein zwei Meter tiefes Loch im Garten von Schloss Freudenberg ausgehoben. Acht Kubikmeter Boden, das sind rund 20 Tonnen, wurde per Hand mit Hacke und Schaufel aus der Tiefe geholt. Am 1. Juni wird von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr im Garten vom Schloss Freudenberg der Boden für den neuen Baum bereitet. Unter fachkundiger Anleitung werden Steine und Erde so geschichtet, dass ein gut durchlüfteter Untergrund entsteht, der es der Zeder trotz Klimawandels auch in den kommenden Jahren erlaubt, in trockenen Sommern das lebensnotwendige Wasser zu finden.
Alle die dabei mitmachen wollen, sind herzlich willkommen. Schüler und Schülerinnen der Fluxusschule Biebrich und Johann-Hinrich-Wichern-Schule, die schon bei der Erstellung des Librettos, dem Text für Oper, sowie Soundeinspielungen mithalfen, sind an diesem Tag ebenfalls dabei.
Die Wiesbadener Naturschutzorganisation Naturefund unterstützt dieses Projekt, weil es ein uraltes Thema mit einem aktuellen Bezug den Menschen nahebringt. Katja Wiese, Geschäftsführerin von Naturefund hierzu, "Mich begeistert die Idee, für eine uns vertraute Kunstform, der Oper, völlig neue Wege zu gehen und die Kreativität zahlreicher Menschen zu nutzen. Zudem denke ich, dass wir die Herausforderungen dieser Zeit nur noch gemeinsam meistern können unter Einbeziehung der Potenziale, der Kreativität, der Vielzahl von Ideen die wir alle haben. Jede Handlung, die aus Hochmut und Eitelkeit an der eigenen 'Unsterblichkeit' arbeitet, ist zum Scheitern verurteilt. Das macht das Gilgamesch-Epos uns bewusst."
Mehr über das aktuelle Schutzprojekt erfahren Sie unter: www.naturefund.de/baum
Zu den Pressefotos: www.naturefund.de/pressefotos
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