Der Rio+20-Gipfel könnte den Weg zu einer neuen globalen Übereinkunft ebnen helfen, in der entscheidende Themen wie Klimaschutz und Entwicklung miteinander verbunden werden.
Die Zukunft in den Händen der Politik
„Da die Klimapolitik derzeit auf der Stelle tritt, könnte die Wissenschaft den Anstoß geben für neuen Schwung“, so Schellnhuber. „Das Bewusstsein für die Belastungsgrenzen unseres Planeten zu schärfen und Möglichkeiten zur Bewältigung der Erderwärmung aufzuzeigen, ist entscheidend, um Pfade zu nachhaltiger Entwicklung zu finden und die Millenniumsziele grüner zu machen.“ Schellnhuber wird in Rio einer der Leiter eines fächerübergreifenden Podiums von Nobelpreisträgern sein. Während das politische Ziel, die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu begrenzen, bereits ein wichtiger Bezugspunkt in der internationalen Klimapolitik geworden ist, werden geeignete politische Maßnahmen noch immer diskutiert.
Ein Buch fasst zusammen
Das neue Buch entwickelt ein politisches Rahmenwerk, betrachtet dabei aber auch Kosten und Risiken. „Heute muss die Atmosphäre als globales Gemeingut betrachtet werden – und dessen Management ist eine ökonomische Herausforderung, aber auch eine Frage globaler Gerechtigkeit“, sagt Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des PIK. „Während bislang sozio-ökonomische Entwicklung eng an einen Anstieg von Emissionen gekoppelt war, versuchen wir zu zeigen, dass ein neuer Wachstumspfad möglich ist.“ Das viel gelobte Konzept des grünen Wachstums allein wird nicht ausreichen, so Edenhofer. Es muss durch ein politisches Rahmenwerk verbindlicher Emissionsreduktionen ergänzt werden, das langfristig Anreize für Investitionen setzt. Edenhofer und seine Co-Autoren skizzieren in ihrem Buch ein Abkommen für die Zeit nach 2012. Dieses umfasst einen globalen Handel mit Emissionsrechten, öffentliche Unterstützung für den Technologietransfer in Entwicklungsländer und Maßnahmen wie Zahlungen für die Reduktion von Emissionen aus der Entwaldung, sowie finanzielle Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen in den am wenigsten entwickelten Ländern.
Dritte Welt Länder am meisten bedroht
„Arme Menschen sind besonders betroffen durch den Klimawandel“, sagt Thomas Loster von der Munich Re Stiftung. „Mehr als 80 Prozent der seit 1980 durch Wetterextreme umgekommenen Menschen kamen aus Entwicklungsländern, wie unsere Daten zeigen. “ Um die Widerstandsfähigkeit von Bevölkerungsgruppen zu erhöhen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel von Dürren oder Fluten betroffen sind, bieten laut Loster etwa Mikroversicherungen Möglichkeiten, um mit den Folgen solcher Schläge fertig zu werden. „Finanzinstrumente könnten deshalb ein wichtiger Teil der Anpassung sein“, sagt Loster. „Nötig ist aber eine neue Wahrnehmung des Risikos – sowohl lokal als auch global“. „Der Kampf gegen Armut und gegen den Klimawandel wird zusammen gewonnen – oder verloren“, sagt Bernd Bornhorst von Misereor. Als Organisation für Entwicklungszusammenarbeit „erleben wir in unserer täglichen Arbeit, wie eng verbunden Entwicklung und der Kampf gegen die globale Erwärmung in armen Ländern sind“. Das neue Buch „bietet sowohl eine Brille für die Kurzsichtigen als auch eine Karte, auf der Wege in Richtung nachhaltige Entwicklung angegeben sind“, so Bornhorst. Betrachte man jedoch die Vorbereitungen für Rio+20 in vielen Ländern, „kommen Zweifel auf, ob die Teilnehmer des Gipfels in Brasilien auch tatsächlich bereit sind, sich der Nachhaltigkeit zuzuwenden“. „Mit einer passenden Ausgestaltung und Umsetzung könnte das von uns vorgeschlagene Abkommen für die Zeit nach 2012 auch die Armen unterstützen“, sagt Johannes Müller von IGP. „Die Ergebnisse im Hinblick auf Klimaschutz, Anpassung und nachhaltige Entwicklung wären effektiv, effizient und gerecht“. Weiter zu Potsdam Institut für Klimafolgenforschung