Fischerei an der Grenze zum Kollaps
Scharf kritisiert auch der international bekannte Meeresbiologe Rainer Froese in der neusten Ausgabe von «Nature» die Fischereipolitik der EU: ökologisch katastrophal, wirtschaftlich unsinnig, aus demokratischer Sicht fragwürdig. Am Kieler Forschungsinstitut für Meereswissenschaften forscht und publiziert Froese seit Jahren für eine Fischerei, welche auf die biologischen Zusammenhänge Rücksicht nimmt. Zusammen mit Juristen und Wirtschaftswissenschaftern hat er Pläne für ein Fischereimanagement des «Ozeans der Zukunft» entwickelt.Fischereipolitik schadet letztendlich allen
«Die Gemeinsame Fischereipolitik schadet letztendlich allen: Fischbestände stehen vor dem Zusammenbruch, Fischer haben Mühe, die wenigen verbleibenden Fische zu fangen, und Verbraucher zahlen für ihren Speisefisch doppelt, weil ohne hohe Subventionen aus Steuergeldern Fischerei nicht mehr rentabel wäre“, erläutert Froese.Deutsche Fischereipolitik noch schlechter
Und die Politik Deutschland ist laut Froese kein Vorbild: «Kabeljau und Hering in der deutschen Bucht geht es beispielsweise schlechter als dem Kabeljau in der Barentssee oder dem Hering vor der norwegischen Küste. Und Dorsch und Hering an der deutschen Ostseeküste geht es schlechter als dem Dorsch in der restlichen Ostsee und dem Hering in der Bothnischen See. Die Ursache liegt in dem weit überhöhten Fischereidruck auf die deutschen Bestände, den Deutschland Jahr für Jahr auf Drängen der Fischereilobby in Brüssel durchgesetzt hat.»Mit dieser Kritik steht Froese im Gegensatz zu seinen Kollegen Christopher Zimmermann vom Rostocker Institut für Ostseefischerei und Christoph Stransky vom Hamburger Insitut für Seefischerei, die unlängst an einer Tagung der deutschen Fischbranche dem geneigten Publikum die Lage weit rosiger darstellten.
Schritte in die richtige Richtung
Am 13. Juli wird die Europäische Kommission nun ihre Vorstellungen zur Reform dieser Fischereipolitik vorlegen. Nach Einschätzung von Froese ist der Reformvorschlag ein großer Schritt in die richtige Richtung, da er auf eine Erholung der Bestände und die Abschaffung unsinniger Vorschriften zielt. So sollen die Fischer nicht mehr gezwungen werden, gute Speisefische aus rein bürokratischen Gründen tot über Bord zu werfen. Allerdings geht Froese die Reform nicht weit genug: „Eine vollständige Erholung der Bestände und Gesundung der Fischerei wird mit den vorgeschlagenen Fangregeln nicht möglich sein. Man hat es versäumt, von den gelungenen Fischereireformen in Neuseeland, Australien und USA zu lernen." Froese befürchtet, dass die positiven Elemente des Reformvorschlags der EU-Kommission von den Landwirtschaftsministern entkräftet werden.Interview mit Rainer Froese im Deutschlandfunk Weiter zu www.fair-fish.ch