Madagaskar ist die viertgrößte Insel der Welt und liegt abgeschieden ca. 500 km von der Ostküste Afrikas entfernt. Etwa 0,3 % der Erdlandfläche nimmt die Insel ein und bietet zugleich Lebensraum für 5 % der auf der Erde vorkommenden Arten – von denen die meisten (ca. 80 %) nur hier vorkommen. Madagaskar ist zudem eines der ärmsten Länder der Welt. Gut 28 Millionen Menschen leben auf der Insel, davon arbeiten über 80 % in der Landwirtschaft. Traditionelle Landwirtschaft und Raubbau an der Natur führen jedoch dazu, dass nur noch 10 % der ursprünglichen Wälder auf Madagaskar vorhanden sind.
Nur durch nachhaltigen Anbau und ein besseres Einkommen der Menschen kann der dauerhafte Schutz des Waldes in Madagaskar sichergestellt werden. Naturefund verbreitet an insgesamt acht Standorten auf Madagaskar die nachhaltige Anbaumethode Dynamischer Agroforst (DAF). Dynamischer Agroforst ist eine innovative und vielversprechende Anbautechnik, mit der in kurzer Zeit Wald aufgeforstet werden kann, während die Menschen auf derselben Fläche ihre Nahrungsmittel anbauen. Da der Dynamische Agroforst von der Funktionsweise eines Waldökosystems inspiriert ist, führt er zu einer Optimierung des landwirtschaftlichen Ökosystems und zu einer Verbesserung der Bodenqualität, die die landwirtschaftliche Produktion hervorragend begünstigt. Ziel ist zum einen, die Lebensbedingungen der Bauern zu verbessern. Daneben soll zeitgleich auch aufgeforstet und noch intakte Waldflächen geschützt werden. Im Projekt werden die Bauernfamilien zum einen materiell unterstützt, beispielsweise durch die Bereitstellung von Setzlingen und Samen. Daneben findet aber auch ein Wissenstransfer statt, denn die Bauernfamilien werden in der Methode geschult und längerfristig bei der Anwendung durch ausgebildete Trainer begleitet.
2014 begannen wir das Projekt an zwei Standorten, mit dem Ziel, 50 Familien zu unterstützen auf eine nachhaltige Landwirtschaft umzustellen. Aus den ursprünglich 50 Familien sind mittlerweile über 600 geworden, nur an diesen beiden Standorten. Aus den zwei Standorten wurden acht Standorte über die Insel verteilt, an denen wir aktuell mit unseren lokalen Partnern arbeiten.
Makirovana ist eine Bergkette nahe der Küste und umgeben von einem Meer aus Reisfeldern und kleinteiliger Landwirtschaft. Einige wenige Berge haben auf den Höhen noch Regenwald, teilweise sogar versteckte Täler mit Primärregenwald, also fast unberührt. Es ist tropisch warm. Reisanbau steht im Mittelpunkt, daneben Bananen, Maniok, viel Gemüse, tropische Früchte und natürlich Vanilleanbau. 2008 wurde hier in Zusammenarbeit mit angrenzenden Dörfern das Schutzgebiet Makirovana Tsihomanaomby errichtet. Auf einer Fläche von 5.200 ha findet sich eine sehr reiche Fauna und Flora mit verschiedenen lokalen endemischen und teilweise vom Aussterben bedrohten Arten. Neben Brandrodung und Wanderfeldbau ist der Wald auch durch die selektive Abholzung von Edelhölzern wie Rosenholz und Palisander bedroht.
Wir wollen die letzten Waldreste schützen, denn es leben gut 100.000 Menschen rund um diese letzten Flecken von Regenwald, die vom Wasserzufluss aus dem Wald abhängig sind. Naturefund hat hier in Zusammenarbeit mit Missouri Botanical Garden und lokalen Organisationen wie Tsiry und Tsimoka seit 2014 Dynamischen Agroforst verbreitet. Seitdem wurden 329 Familien unterstützt, Dynamischen Agroforst auf ihrem Land umzusetzen. Das Interesse und die Nachfrage in Makirovana nach dieser neuen Anbaumethode ist sehr groß, weswegen wir insgesamt neun DAF-Trainer ausgebildet haben und derzeit dabei sind, weitere Familien im DAF zu schulen und bei der Umsetzung zu unterstützen.
Einst erstreckte sich auf der Hochebene von Madagaskar auf 1.200 – 1.600 m Höhe über Tausenden von Quadratkilometern ein artenreicher Hochlandregenwald. Der Wald ist bis auf winzige Reste komplett verschwunden. Einer dieser letzten Waldreste liegt in Ankafobe. Ein Schutzgebiet von 133 Hektar wurde vor gut 15 Jahren aufgebaut, von denen jedoch nur noch 33 bewaldet sind. Obwohl winzig klein, beherbergen diese Waldreste eine äußerst schützenswerte, artenreiche Flora und Fauna. So leben in den Waldresten noch vier Lemurenarten, 35 Vogelarten und es wachsen über 200 verschiedene Baumarten.
Seit 2016 hat Naturefund in Ankafobe 40 Bauernfamilien geholfen, auf Dynamischen Agroforst umzustellen. Zusammen umfassen diese 40 neuen DAF-Parzellen bereits eine Fläche von 6,2 Hektar. In einer Baumschule vor Ort werden jährlich mehr als 5.000 Setzlinge der 200 lokalen Baumarten aufgezogen, die in den DAF-Parzellen Verwendung finden. 9 junge DAF-Trainer und Trainerinnen wurden ausgebildet, um die Bauernfamilien langfristig begleiten zu können. Daneben konnten wir ein Schulungszentrum mit Demonstrationsparzellen aufbauen, die für die Weiterbildung der Bauern oder für Veranstaltungen zum Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Standorten genutzt werden kann.
Im äußerten Nordosten der Insel liegt das Schutzgebiet Oronjia. Mit einer Größe von 1.500 ha schützt es einen seltenen Trockenwald auf Sandboden. Die Pflanzenformen sind einzigartig, man fühlt sich buchstäblich auf einen anderen Planeten versetzt. Das Schutzgebiet mit seinen weiten Stränden direkt am Indischen Ozean ist atemberaubend schön. Zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere kommen hier vor. Die größte Gefahr liegt in der illegalen Abholzung der Bäume, um Holzkohle für den eigenen Verbrauch oder zum Verkauf herzustellen. Eine weitere Bedrohung ist das frei umherlaufende Vieh, welches Bäume und den natürlichen Nachwuchs stark reduziert.
Naturefund begann hier 2017 mit einem ersten Testprojekt und zwei Pilotbauern mit der Frage, ob DAF in dieser speziellen Vegetation funktioniert. Seitdem wurden 24 Bauernfamilien in DAF ausgebildet und bei der Umsetzung unterstützt. Das Interesse an DAF ist mittlerweile sehr groß und ganze Dörfer fragen an, ob TSIMOKA und Naturefund sie ebenfalls beim Aufbau vom Dynamischen Agroforst unterstützen können. Das Büro von TSIMOKA liegt an der Grenze zum Schutzgebiet. Hier wollen wir eine Schulungsparzelle aufzubauen und das Büro mit zwei Räumen zum Schulungsgebäude zu erweitern.
Auf den hohen Bergen Ibitys auf der Hochebene Madagaskars konnte sich eine einzigartige Vegetation halten, die es nur hier gibt. Es gibt Reste von Hartlaubwald, Waldkorridore entlang der Flüsse und artenreiche Bergwiesen. Die Flora und Fauna ist auch hier einzigartig. So kommen z. B. 17 Aloe-Arten hier vor, von denen 12 nur in Ibity bekannt sind. Grund genug, dass hier 2015 ein Schutzgebiet eingerichtet wurde. Denn auch hier bedrohen Buschfeuer, die Herstellung von Holzkohle oder das Sammeln seltener Pflanzen die Artenvielfalt.
Im Jahr 2019 begann Naturefund hier in Zusammenarbeit mit Missouri Botanical Garden (MBG) und Tsimoka ein DAF-Pilotprojekt mit 20 Bauern. Gemeinsam wurden erste DAF-Parzellen rund um die Berge eingerichtet. Mittlerweile ist die Anzahl der unterstützen Bauernfamilien auf 40 angewachsen. Daneben konnten wir zwei Bauern als DAF-Trainer ausbilden und ein Schulungszentrum mit Demonstrationsparzelle aufbauen, welche weitere Bauernfamilien zum Mitmachen bewegen soll.
Das Lavasoa-Ambatotsirongorongo-Gebirge liegt im Südosten der Insel, südöstlich der Hafenstadt Tolagnaro. Es befindet sich zwischen zwei Vegetationszonen und reicht vom feuchtwarmen Regenwald bis hin zum trockenen Dornbuschwald. Von dem ursprünglichen dichten Waldgebiet sind nur noch sechs Waldreste auf insgesamt 135 ha übriggeblieben. Sie bieten Lebensraum für den Lavasoa-Zwerglemur, Cheirogaleus lavasoensis, der mit 50 Tieren (Stand 2013) zu den 25 am stärksten bedrohten Primatenarten der Welt gehört.
Auf Anfrage der Universität Hamburg, die hier seit 30 Jahren ein Forschungsprojekt betreibt und in Zusammenarbeit mit der lokalen Organisation Tropical Biodiversity & Social Enterprise SARL (kurz TSBE) startete Naturefund hier 2021 ein neues DAF-Projekt. Ein Mitarbeiter von TSBE und ein Bauer aus der Region haben im Herbst 2021 bereits an der DAF-Trainer-Ausbildung teilgenommen. Daneben wurden 2022 25 Pilotbauern aus 14 Dörfern der Region geschult, 16 DAF-Demonstrationsparzellen eingerichtet und weitere 75 Bauernfamilien bei der Implementierung von DAF-Parzellen unterstützt. Die Familien erhalten alle zwei Monate ein Update zur Qualitätssicherung. Seit Juni 2023 nehmen inzwischen insgesamt 99 Bauernfamilien am DAF-Programm teil. Die Parzellen haben eine Größe von je 25 x 25 m. Das entspricht einer bewirtschafteten Gesamtfläche mit Dynamischem Agroforst von insgesamt 6,2 ha. Ziel an diesem Standort ist, 250 Familien bei der Umstellung auf DAF mittels der Bereitstellung von Setzlingen und Pflanzmaterial sowie der Schulung und Begleitung der Kleinbauern zu unterstützen. Bis Mai 2023 hat TSBE an die Bauernfamilien insgesamt 32.000 der geplanten 46.000 Obstbaumsetzlinge verteilt und gepflanzt.
Das riesige Mahafaly-Plateau ist einer der trockensten Orte auf Madagaskar. Tagsüber kann es hier extrem heiß werden und Wasserquellen sind rar. Der Wassermangel ist eines der größten Probleme im Plateau Mahafaly. Nicht selten haben die Bewohner Probleme, Nahrungsmittel anzubauen und sich gesund zu ernähren. Bäume könnten hier dabei helfen, Wasser langfristig im Boden zu speichern und die Menge an Niederschlägen zu erhöhen. Daher hat Naturefund hier drei DAF-Trainer ausgebildet, drei Demonstrationsparzellen angelegt und drei Familien unterstützt, auf die Anbaumethode umzustellen. Ein erster Startschuss ist gelegt, die Unterstützung von mehr Familien in Zukunft soll folgen.
An zwei Regionen unterstützen wir Bauernfamilien derzeit zunächst nur mit dem Erlernen und Training der neuen Anbaumethode, noch nicht aber aktiv mit Material und Begleitung für den Aufbau von neuen DAF-Parzellen. Damit dies in Zukunft gelingen kann, haben wir insgesamt jeweils 2 Personen aus Bamanevika, Region Sofia und 2 Personen aus Tsimembo Manambolomaty, Region Melaky zu DAF-Technikern weitergebildet. Die vier durch Naturefund geschulten Personen arbeiten als landwirtschaftliche Berater in den Randzonen rund um die Schutzgebiete. Sie sind damit bestens geeignet, die Anbaumethode an den beiden neuen Standorten an die Bauern und Bäuerinnen weiterzugeben.
Im Südwesten von Madagaskar liegt das Schutzgebiet Ranobe PK32 auf einer Fläche von insgesamt 168.500 Hektar. Neben dichter Küstenvegetation auf Sanddünen, dornigem Trockendickicht, Auenwäldern und Süßwasserseen prägt insbesondere der über 15 Meter hohe dichte Trockenwald die Region. Neben den endemischen Arten der Pflanze Didieraceae kommt hier vor allem eine Vielzahl an Vögeln und Reptilien vor. Doch das besondere Schutzgebiet ist bedroht. Der Wald wird insbesondere gerodet zur Nutzung des Holzes sowie für Holzkohle. Insgesamt sind hier bereits mehr als 35 % der gesamten Waldfläche verloren gegangen.
Um die Waldflächen in der semiariden Region von Ranobe zu erhalten, startete Naturefund auch in Ranobe ein DAF-Projekt, welches mittlerweile bereits abgeschlossen ist und nicht mehr aktiv gefördert wird. Ziel war neben der Einkommenssicherung auch die Wiederherstellung des Waldes und damit die Bereitstellung verschiedener Ökosystemleistungen. Auch hier war das Ziel, die Anbaumethode Dynamischer Agroforst weiterzuverbreiten. Dies wird durch unseren lokalen Partner Ho'Avy auch weiter fortgeführt.
Helfen Sie uns dabei, den Dynamischen Agroforst auf Madagaskar zu verbreiten und noch mehr Bauernfamilien bei der Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen! Mit einer Spende ab 6 € schützen Sie die letzten Waldreste Madagaskars und unterstützen zeitgleich Bauern und Bäuerinnen bei der Verbesserung ihrer Lebenssituation.