Die Anden zum Greifen nahe
Liebe Leserin, lieber Leser,
die letzten Tage meiner Reise sind angebrochen. Drei Eindrücke bleiben, von denen ich erzählen möchten, die Atmosphäre, das Projekt und der Traum, der alles verbindet.
Atmosphäre … es ist abends und 23 Grad Celsius. Die Anden sind nah, fast in Griffweite, atemberaubend schön und komplett abgeholzt. Ich bin in Cochabamba, einer Großstadt auf 2.500 m Höhe. Wenn ich bergauf gehe, klopft mein Herz, denn die Höhe ist ungewohnt. Die Sonne ist stark, ein halbe Stunde ohne Schutz verursachen garantiert einen Sonnenbrand. Aschgraue Bruchbuden reihen sich aneinander, überall Provisorium, Autos, Metall, Kohle und unfertige Häuser. Es pulsiert, buchstäblich scheint man der Stadt beim Wachsen zu zusehen. Bei genauerem Hinsehen werden alte Häuser im spanischen Stil sichtbar, blühende Gärten und versteckte Schönheiten. Dazwischen die bunten Farben der Indios, Welten, die einander begegnen.
Cochabamba ist eine Großstadt, die teilweise – illegal – in einen Nationalpark hineinreicht, den Nationalpark Tunari. Eine Stadt, die ihr Wasser komplett aus dem Nationalpark bezieht. Ein Nationalpark, der darauf angewiesen ist, dass die Menschen in der Stadt begreifen, wie wichtig er für ihr Leben ist. Nur 1 bis 3 % der ursprünglichen Fauna und Flora sind noch vorhanden. Es ist wirklich 5 nach 12 für diesen Nationalpark. Und doch gibt es noch Waldinseln, teilweise sogar noch Primärwald. Etwa 50 Brutpaare vom Andenkondor brüten im Park und Vicunas wurden im Nordwesten auf 4.200 m Höhe gesichtet.
Das Projekt - eine neue Struktur schält sich heraus
Projekt – in den letzten zwei Wochen haben wir viel miteinander geredet, Ideen entwickelt und so langsam schälte sich eine Struktur heraus. Neben dem Start der 2. Phase besteht meine Aufgabe hier im Netzwerken, Zuhören und Ideen zu säen. Heute Nachmittag haben wir die grobe Struktur gezimmert und dabei ziemlich viel umgeworfen, was wir uns ursprünglich gedacht hatten. Die Distanzen zwischen den Projektstandorten sind einfach zu groß, die Vegetationszonen zu unterschiedlich – ein Projektleiter alleine schafft das nicht.
Das Projekt findet statt an drei Standorten in verschiedenen Höhenlagen zwischen 2.600 und 4.200 m: In Vinto, Sacaba und Arani. Vor Ort gibt es jetzt jeweils einen Techniker, der die Bauernfamilien unterstützt, auf dynamischen Agroforst umzustellen. Wir pflanzen dabei auch Apfelbäume mitunter neben Kakteen. Eine der wichtigsten Neuerungen ist, dass wir die Bäuerinnen und Bauern direkt im dynamischen Agroforst ausbilden werden. Ich glaube, das ist die wertvollste Investition, denn sie sind es, die ihre Parzellen auf diese neue Methode umstellen. Wenn es gelingt, dass einige von ihnen diese Methode verstehen und an interessierte Nachbarn weitergeben, hätten wir viel erreicht.
Und der Traum … ich träume davon, dass sich dynamischer Agroforst weltweit verbreitet.
Machen Sie mit und pflanzen Sie jetzt Bäume mit uns!
Herzlichst
Katja Wiese