Das Hochwasser an der Donau und die Not der Menschen ist wieder jeden Abend Thema in den Nachrichten. Erneut wird die Frage nach einer langfristigen Hochwasserpolitik gestellt. Rumänien bietet dafür ideale Möglichkeiten.
Donau mündet in ein großes Flussdelta
Liebe Leserin, lieber Leser, Die Donau ist der einzige größere europäische Fluss, der von Westen nach Osten fließt. Sie entspringt mit den Quellflüssen Breg und Brigach im südlichen Schwarzwald und mündet nach 2.850 Kilometern an der rumänischen Küste in das Schwarze Meer. In Rumänien erweitert sich die Donau schließlich zu einem 4.300 Quadratkilometer großen, versumpften Flussdelta und mündet dann in das Schwarze Meer.
Evakuieren oder fluten?
Die extrem hohen Pegelstände entlang der Donau werfen erneut die Frage nach einer vorausschauenden und grenzüberschreitenden Hochwasserschutzpolitik auf. Die Entscheidung der rumänischen Regierung, die Deiche in möglichst unbewohnten Regionen zu öffnen, war richtungsweisend und doch ist dies nur ein erster Schritt. Damit nicht alle Jahre erneut Menschen vor Hochwasser evakuiert werden müssen, sind langfristige Konzepte notwendig. Gerade Rumänien bietet hervorragende Möglichkeiten, riesige Flächen als natürliche Überflutungsgebiete zurück zu gewinnen. Eine WWF-Studie von 1999 weist allein in Rumänien mindestens 120.000 Hektar ehemalige Auengebiete aus, die wieder an die Donau angebunden und renaturiert werden könnten.
Ceaucescu´s Erbe
Die aktuellen Hochwasserschäden sind zum großen Teil noch eine verspätete Rechnung aus der Zeit des Kalten Krieges: Nicolae Ceaucescu ließ bis in die 1970er Jahre hinein die Sümpfe und Auwälder entlang der Donau für landwirtschaftliche Zwecke trockenlegen. Im Donau-Delta dauerten diese Projekte bis zur politischen Wende 1990 an. Schließlich blieben nur noch etwa 20 Prozent der gesamten Auen übrig. Doch der Traum von den Kornkammern entlang des Flusses zerplatzte schnell: Die Böden versalzten, die ständige Entwässerung mit Pumpen erwies sich als sehr kostspielig und die gewünschten Erträge blieben aus. Ein Teil der ehemals weiten Flussauen liegt daher heute weitgehend brach.
Deiche weiter ins Landesinnere
Nirgendwo sonst sind die Chancen für einen naturverträglichen Hochwasserschutz so groß wie in Rumänien. Besonders an der unteren Donau könnten lange Deichstrecken zwei bis fünf Kilometer weit ins Landesinnere zurückverlegt werden. Geeignet wären zum Beispiel die landwirtschaftlichen Polder von Balta Greaca und Balta Potelu. Für den Polder Calarasi-Riaul, wo nun Deiche zur kontrollierten Flutung gesprengt wurden, liegen bereits vom WWF und dem rumänischen Donau-Delta-Institut erarbeitete konkrete Pläne auf dem Tisch. Sie scheiterten bislang, weil die rumänische Regierung der Landwirtschaft noch immer Vorrang vor dem Hochwasserschutz einräumt. Dabei könnte zukünftig der Tourismus eine wichtige wirtschaftliche Funktion übernehmen, insbesondere dort, wo einzigartige Naturlandschaften sich entfalten können.
EU-Beitritt fördert neue Konzepte
Mit dem für 2007 geplanten EU-Beitritt Rumäniens kann wieder Bewegung in die Diskussion kommen, denn die EU stellt als eine Bedingung für den Beitritt die Extensivierung von 500.000 Hektar Acker. Sollte Rumänien dem zweitlängsten Fluss Europas wieder mehr Raum geben, kann es zum Vorbild für die übrigen zehn Anrainerstaaten der Donau werden, denn mit großer Wahrscheinlichkeit werden dadurch die Schäden und Kosten durch zukünftige Hochwasser entscheidend gemindert. Dies ist besonders interessant im Hinblick auf die Bilder der letzten Wochen vom Elb-Hochwasser in Sachsen, Niedersachsen …