Der Biber: Eine Schlüsselart für intakte Ökosysteme und Hochwasserschutz
Der Biber war in weiten Teilen Deutschlands seit gut 400 Jahren ausgestorben. Nur in Sachsen-Anhalt überlebte eine kleine Population. Seit der Ansiedlung in Bayern vor 50 Jahren breitet sich der Biber wieder in Deutschland aus. Doch auch heute ist er immer noch sehr selten und eine streng sowie europarechtlich geschützte Art (FFH-Art) von gemeinschaftlichem Interesse.
Das große Nagetier gilt als ökologische Schlüsselart: Mit seiner Bautätigkeit erzeugt es eine neue Dynamik in Fließgewässern und schafft neue Laich-, Brut- und Rastplätze für unzählige Arten. Biberbiotope zählen daher zu den artenreichsten Ökosystemen Mitteleuropas. Kleinräumige Strukturen und ein dynamischer Wechsel zwischen Nässe und Trockenheit gestalten ein Mosaik an Lebensräumen für zahlreiche, teils sehr spezialisierte Tiere und Pflanzen. Seine Bautätigkeit hat auch für den Menschen viele Vorteile, denn Grundwasser wird neu gebildet, Fließgewässer trocknen langsamer aus, und neue Auen entstehen, die den Wasserabfluss verzögern und so vor Hochwasser schützen.
Ökologisch wertvolle Auen sind kaum noch vorhanden
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) kommt in seinem Auenzustandsbericht aus dem Jahr 2021 zu dem Ergebnis, dass nur noch 1 % der Auwälder in Deutschland sehr gering verändert und damit intakt sowie ökologisch funktionsfähig sind. Hauptgefährdungsursachen sind laut BfN die Verbauung der Ufer, Flussbegradigungen, der Bau von Staustufen, der Freizeitbetrieb, der Sand- und Kiesabbau sowie die Aufforstung mit fremden Baumarten. Seit 1983 wurden zahlreiche Renaturierungsprojekte an größeren Flüssen umgesetzt, doch das bundesweite Potenzial für die Wiederanbindung von Auenflächen ist derzeit laut BfN nur zu einem kleinen Teil ausgeschöpft.
Wichtige Retentionsräume schaffen
Der Biber ist ein idealer Baumeister, um Auwälder entstehen zu lassen. Auwälder sind Wälder entlang von Flüssen, die vom natürlichen Hochwassergeschehen des Flusses beeinflusst werden und dadurch mehrmals im Jahr unterschiedlich stark und verschieden lange überflutet werden. Als natürliche Wasserspeicher sind Auen wichtige Retentionsräume und für den Natur- sowie Hochwasserschutz von zentraler Bedeutung. Zugleich tragen sie wesentlich zur Grundwasserneubildung und zur regionalen Wasserverfügbarkeit bei, indem sie das Wasser in der Landschaft halten.
Wir schützen seltene Auwälder und forsten wieder auf
Weiden, Erlen und Pappeln, typisch für Weichholzauen, aber auch Stieleichen, Ulmen oder Hainbuchen, prägend für Hartholzauen, sind unverzichtbar für die artenreichen, aber bei uns mittlerweile seltenen Auwälder. Ihre Anpassungsfähigkeit an wechselnde Wasserstände, ihre starken Wurzelsysteme zur Stabilisierung der Ufer und ihre Funktion als Lebensraum für zahlreiche Tierarten machen sie essenziell. Sie tragen zur Wasserreinigung bei, regulieren das Mikroklima und ermöglichen durch ihre Regenerationsfähigkeit eine schnelle Erholung der Auwälder. Diese Baumarten sind entscheidend für den Schutz und die Biodiversität dieser wertvollen Ökosysteme.
Der Biber als Verbündeter
Neben den vielen Vorteilen, die durch die Bautätigkeit des Bibers entstehen, kommt es vereinzelt auch zu Konflikten. Biber bauen Dämme und Staudämme, um ihre Lebensräume zu erweitern und Wasser zu stauen. Dies kann in Einzelfällen zu Überflutungen von landwirtschaftlichen Flächen führen, die für die Ernte oder Viehweide genutzt werden. Laut Bayerischem Landesamt für Umwelt treten allerdings 90 % aller Probleme mit Bibern in weniger als 10 m vom Wasser entfernt auf. Genau hier will unser Projekt ansetzen und Uferrandstreifen kaufen oder langfristig pachten. So können Konflikte entschärft und zugleich sichere Lebensräume für Biber geschaffen werden.
In Zusammenarbeit mit Kommunen und Landwirten wollen wir an kleinen Gewässern der Stufe II* geeignete Stellen für potenzielle Biberreviere auswählen. Durch die Gestaltung von naturnahen Uferabbrüchen, die Absenkung des Uferbereichs zur Vergrößerung der Überschwemmungsfläche und die Pflanzung von Auwaldgehölzen kann so proaktiv die Ansiedlung des großen Nagetiers gefördert und gelenkt werden. Dies kann helfen, Konflikten mit Anrainern vorzubeugen und zugleich neue, artenreiche Auwälder zu fördern. Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt: Dort, wo er sich ansiedelt, entstehen kostengünstig neue Feuchtgebiete, die innerhalb kurzer Zeit zu einem Anstieg der Biodiversität um bis zu 80 % führen.
Biberbiotope entstehen in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen
Kernregion des Projekts sind die Bundesländer Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz, da Naturefund hier bereits verschiedene Projekte umsetzt und eng mit den Kommunen zusammenarbeitet. Mit einem Netzwerk aus Ämtern, Wasserschutzbehörden, Naturschützern, Landwirten und Freiwilligen sollen in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft kleine Inseln von Wildnis mit einer hohen Biodiversität entstehen.
Dank des Projekts können Auwälder ungestört wachsen, und die Gewässer folgen wieder ihrem natürlichen Lauf, mäandern rechts und links des ursprünglichen Ufers. Wo immer möglich, wird eine lokale Organisation Hüter und ggf. auch Eigentümer der neuen Biberreviere. Wo dies nicht möglich ist, übernimmt Naturefund die Eigentümerschaft.
Dieses Projekt wird gefördert von der Deutschen Postcode Lotterie
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* Gewässer der Stufe II sind gemäß der Klassifikation des deutschen Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und der entsprechenden Verordnungen Gewässer, die in Bezug auf ihre Bedeutung für die Gewässerbewirtschaftung eine spezifische Einstufung erhalten haben. Die Stufen klassifizieren Gewässer nach ihrer Größe, ihrem ökologischen Wert und ihrer Bedeutung für die Wasserwirtschaft.