Hier gehts zum ersten Teil des Projektberichts!
Zu Besuch in den Gemeinden Tholapujro und Laphia im Munizip Tiquipaya, 07.03.2023
Am Dienstag fahren wir nach Tiquipaya, einem Munizip welches von unserem Partner Agrecol Andes betreut wird. Unsere Tour startet in Cochabamba auf 2.000 Metern Höhe. Dann fahren wir die steilen Serpentinen bis auf etwa 3.300 Metern Höhe nach Laphia hinauf. Während der Fahrt entdecken wir letzte Reste von Kewina-Wäldern. Kewina ist eine Baumart, die nur in dieser Gegend auf einer bestimmten Höhe vorkommt. Vereinzelt gibt es hier noch letzte Restbestände des Baumes, der ansonsten nur noch sehr selten vorkommt. Ansonsten zeichnet sich auf unserem Weg zu den DAF-Parzellen ein eher trostloses Bild: kahler Boden an abgeholzten Hängen.
Der erste Bauer, den wir besuchen, ist José Montaño. José baut auf seiner Agroforstparzelle vor allem Apfelbäume an. Hier sehen wir also in Reihen gepflanzt Apfelbäume abwechselnd mit einheimischen, nativen Bäumen. Die Parzelle ist gut gepflegt und auch José ist zufrieden: Er berichtet von seinen Ernteerfolgen. Danach gehen wir zur Dynamischen Agroforstparzelle seiner Tochter, Carmen Montaño. Früher bewirtschaftete sie hier eine Himbeerplantage. Doch letztes Jahr wurde diese Parzelle auf Dynamischen Agroforst umgestellt. Zwischen den Himbeersträuchern wachsen jetzt viele verschiedene native Bäume. Auch hier können wir erkennen, dass Dynamischer Agroforst in vielen verschiedenen Formen und je nach Bedürfnissen der Kleinbauern angepasst und angewendet werden kann.
DAF-Parzelle mit Himbeeranbau; Quelle: Naturefund
Danach gehen wir zur Parzelle von Benjamín Vargas – das Highlight an diesem Tag. Er ist der Bürgermeister der Ortschaft Laphia. Bereits vor vier Jahren war ich bei einer Projektreise auch in dieser Parzelle zu Besuch. Damals war sie gerade ein Jahr alt. Seitdem hat sich die Parzelle sehr gewandelt – ein kleiner Fruchtwald ist hier entstanden, mit großen, gesunden Bäumen und einem hohen Ertrag. Benjamín ist so von der Anbaumethode begeistert, dass er seine Parzelle auf eigene Kosten bereits zweimal erweitert hat. Nachdem wir die Parzelle besichtigt haben, lädt Benjamin uns zum Essen ein. Typisch bolivianisches kommt hier auf den Tisch: Kartoffeln, Maiskolben, Fleisch und Salat. Während des Essens erzählt er, dass sich weitere 70 Familien aus der Gemeinde bei ihm gemeldet hätten, die auch gerne bei unserem Projekt mitmachen wollen und bat uns um unsere Unterstützung. DAF breitet sich also auch in Laphia weiter aus.
Dicht gewachsene DAF-Parzelle von Benjamin Vargas; Quelle: Naturefund
Zu Besuch in den Gemeinden San Rafael und Chimboco im Munizip Sacaba, 08.03.2023
Mittwochmorgen fahren wir zu der DAF-Parzelle von María Roxana Coca, die auf ihrer Parzelle neben nativen Bäumen vor allem Apfelbäume pflanzt. Insbesondere in der acht Monate andauernden Trockenzeit haben viele der Kleinbauern Probleme mit der Bewässerung. Daher werden die Bauern kreativ: Sie haben einfache Wassersprenkler entwickelt, welche mit nur wenigen Materialien selbst gebaut werden können. Wir sind begeistert und probieren den Bau der Wassersprenkler gleich selbst aus. Dabei merken wir: Die Sprenkler funktionieren so gut und sind so schnell hergestellt, dass wir diese in Zukunft auch bei unseren DAF-Parzellen in Deutschland einsetzen wollen.
Selbst gebaute Sprenkleranlagen auf der Parzelle von Kleinbäuerin María Roxana Coca; Quelle: Naturefund
Nachmittags fahren wir zu einer Parzelle, die direkt am Rande des Nationalparks Tunari liegt, mit Blick auf Cochabamba und Sacaba. Wir besuchen den Bauern Orlando Ríos, der gemeinsam mit seiner Tochter eine Dynamische Agroforstparzelle anlegen will. Gemeinsam mit drei von uns ausgebildeten DAF-Technikern legen wir direkt Hand an und pflanzen in Reihe Apfelbäume abwechselnd mit nativen Bäumen. Die Bäume werden circa 50 bis 75 Zentimeter auseinandergesetzt. Rund um die Bäume setzen wir dicke Samen von Nutzpflanzen, also Ackerbohnen oder Mais zum Beispiel, welche Stickstoffe in den Boden und zum Baum bringen. Bei noch offenen Bodenstellen bringen wir zudem kleinere Samen aus wie Möhren oder Radieschen, welche den Boden bedecken und Orlando zusätzliche Ernte bescheren.
Neubepflanzung einer DAF-Parzelle im Hochland von Bolivien; Quelle: Naturefund
Zu Besuch in der Gemeinde Larasuyo im Munizip Arani, 09.03.2023
Wir besuchen die Gemeinde Larasuyo, circa eine halbe Stunde von Cochabamba entfernt. Das Dorf liegt auf circa 3.300 Meter Höhe und ist stark von Trockenheit geprägt und: komplett abgeholzt. Hier steht kein einziger Baum mehr. Früher wuchsen hier dichte Wälder, die in den letzten 100 Jahren komplett vernichtet wurden. Als wir am Projektstandort ankommen hat man hat das Gefühl, man läuft durch eine Wüste. Nur noch vereinzelt wachsen hier Büsche und Kakteen.
Die am Projekt teilnehmenden Bauern begrüßen uns kaum, dass wir aus dem Auto steigen, mit einem Eimer voller bunter Kakteenfrüchte. Rot, orange, grün, lila: Vier verschiedene Kakteenfeigen bauen die Bauern hier an. Bisher hatte ich diese Früchte noch nie gegessen, aber sie sind sehr lecker – fruchtig und saftig zugleich. An der Schale rund um die Früchte befinden sich noch kleine Samen, die man mitessen kann – oder aber zu Öl pressen.
Nachdem wir uns mit den Kakteenfrüchten gestärkt haben, gehen wir zur circa einen Hektar großen DAF-Parzelle von Alejandrina Torrico. Dabei muss man gut aufpassen, denn überall am Boden wachsen Kakteen mit ihren großen Blättern, die für mich immer wie Ohren aussehen. Die Parzelle ist leicht abschüssig, weswegen die Bäuerin hier Rillen gezogen hat von circa 30 bis 40 Zentimeter Tiefe. Daneben sind in Reihen Kakteen und lokale Bäumen gepflanzt. Die Pflanzen stehen in einem Abstand von circa 50 Zentimeter nebeneinander. Das Ziel ist auch hier die Wiederaufforstung der Andenhänge während zeitgleich landwirtschaftliche Produktion betrieben wird. Von der Parzelle von Alejandrina Torrico wandern wir dann zur nächsten Parzelle. Auch hier: Kaktee, Baum, Kaktee, Baum, Kaktee, Baum. Mittlerweile sind hier 10 solcher Trockenparzellen eingerichtet. Sie heißen Trockenparzelle, da hier keine Bewässerung stattfindet. Nur der selten kommende Regen bewässert hier die Pflanzen.
DAF-Trockenparzelle, bei der abwechselnd Bäume und Kakteen wachsen; Quelle: Naturefund
Mittags fahren wir zu einer meiner Lieblingsparzellen: der mittlerweile 5 Jahre alten circa 600 m² großen Parzelle von Alejandro Rojas. Auch die Parzelle von Alejandro liegt in einer Gegend, die man eigentlich als Wüste bezeichnen könnte. Der Boden ist sehr, sehr trocken und der Acker, der neben der DAF-Parzelle liegt, sieht aus wie eine Sandplatte, mit ein paar Kräutern dazwischen: Steinhart wie Beton, kahl, trocken und völlig abgenutzt. Direkt daneben beginnt ein Wald: Der Wald, den Alejandro über fünf Jahren in seiner DAF-Parzelle aufgebaut hat. Die nativen Bäume sind hier wirklich groß, teilweise bis zu 3 oder 4 Metern hoch. Dazwischen wachsen Obstbäume und zwischen den Baumreihen Nutzpflanzen. Überall schwirren Insekten umher, es herrscht ein buntes Durcheinander an Pflanzen und man kann die gesunde Natur regelrecht spüren. Ein Naturparadies mitten in der sonst kargen Landschaft.
Dicht gewachsene, vielfältige Dynamische Agroforstparzelle von Kleinbauer Alejandro Rojas; Quelle: Naturefund
Zu Besuch in den Gemeinden Arani und Punata im Munizip Arani, 11.03.2023
Samstagmorgen besuchen wir die 10 Jahre alte Parzelle von Serafin Vidal, dem Projektleiter unserer Partnerorganisation Agrecol Andes. Die DAF-Parzelle ist sehr spannend, da man hier sehen kann, was aus DAF-Parzellen werden kann, wie sich diese entwickeln. Die Parzelle ist relativ klein, so um die 500 m². Sie besteht aus drei Baumreihen aus circa 50 Metern Länge. Die Bäume sind hoch und es gibt eine unglaubliche Artenvielfalt. Granatapfel, Weintrauben, Moje-Bäume, Baumtomaten, Maracuja, Mais, Kürbis, Kräuter, Blumen. Es ist unglaublich, welche Produkte Serafin in nur kurzer Zeit aus seiner Parzelle sammelt. Zudem baut Serafin hier neben den Baumreihen auch Tomaten an. Bis zu 2 Tonnen Tomaten im Jahr kann er ernten. Einer der Gründe, warum seine Parzelle so gut wächst, ist die 40 bis 50 Zentimeter dicke Mulchschicht auf dem Boden rund um die Bäume. Diese hält den Boden fruchtbar und fördert Mikroorganismen.
Dynamische Agroforstparzelle wurde zum Waldgarten; Quelle: Naturefund
Danach gehen wir zur Parzelle von Macario, dem Bruder von Serafin. Seine Parzelle ist ganze 17 Jahre alt, aber erst seit 7 Jahren dynamisch. Die ersten 10 Jahre pflanzte er hier Apfelbäume in Monokultur und setzte dabei auch viele Chemikalien ein. Doch Serafin überzeugte ihn davon, auch Dynamischen Agroforst zu nutzen. Macario pflanzte daraufhin eine Vielzahl an nativen Waldbäumen zwischen seine Apfelbäume – und war sofort begeistert. „Landwirtschaft ohne Bäume ist dumm. Man verliert so viel. Eine Landwirtschaft mit Bäumen hingegen hat so viele Vorteile.“
Unterstützen Sie uns dabei, noch mehr Bauernfamilien die Anlegung von Dynamischen Agroforstparzellen zu ermöglichen! Mit einer Spende von 6 € pflanzen Sie einen Baum in Bolivien und unterstützen damit die Renaturierung der Anden-Ökosysteme!