Frühere Verbreitung der Wisente
In historischer Zeit umfasste die Verbreitung der Wisente noch ganz Mittel-, West- und Südeuropa. Im Osten waren die Wisente bis zum Kaukasus in Höhen bis zu 2.100 Metern verbreitet. Doch die zunehmende Landschaftszerschneidung und -zerstörung für den Ackerbau und die Forstwirtschaft sowie eine uneingeschränkte Jagd und Wilderei brachten den Wisent an den Rand der Ausrottung. Ende des 19. Jahrhunderts existierten in der Wildnis nur noch zwei Wisentpopulationen: im polnischen Urwald Białowieża und im Westkaukasus. Doch auch dort sollten die Tiere nicht sicher sein: Der letzte Wisent in Polen wurde 1921 gewildert. Das letzte frei lebende Tier im Kaukasus wurde 1927 erschossen. Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands verschwand der Wisent zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert komplett. Alleine 12 Gründertiere überlebten in Zoos und Tiergehegen und legten den Grundstein für die heute wieder wachsende Wisent-Population.
Wiederansiedlung und heutige Populationen
Die erste Wiederansiedlung ging dank ambitionierter Natur- und Artenschützer bereits im Jahr 1952 im Gebiet des heutigen Nationalparks Białowieża an der polnisch-belarussischen Grenze vonstatten, dem letzten großflächigen Urwaldgebiet Europas. Die damals ausgewilderten Wisente stellen die mittlerweile größte frei lebende Wisent-Population dar: Mehr als 500 Tiere streifen hier wieder frei durch den Urwald. Ab 1962 wurden in Polen, in der damaligen Sowjetunion und anderen osteuropäischen Ländern weitere Herden ausgewildert. Insgesamt leben heute in acht europäischen Ländern wieder wilde Wisente: Polen, Weißrussland, Russland, Ukraine, Litauen, Slowakei, Rumänien und Deutschland. Bei letzterem begann mit der Auswilderung von acht Tieren in Bad Berleburg eine neue Ära des Wisentschutzes in Westeuropa. Erstmalig seit einem halben Jahrtausend lebten wieder Wisente frei auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Weitere Auswilderungsprojekte sind derzeit zudem in der Niederlande, Dänemark, Frankreich und Aserbaidschan in Planung.
Bedrohung der Wisente auch weiterhin präsent
Die Gefahr, dass die Wisente aussterben ist auch heute – trotz der Umsetzung zahlreicher Auswilderungs-, Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen – noch real. Hier fließen mehrere Faktoren mit ein.
- Zum einen besteht derzeit in Westeuropa nur begrenzt geeigneter Lebensraum für die großen Pflanzenfresser. Ursprüngliche Urwälder sind aufgrund von Umwandlungen in landwirtschaftliche Flächen sowie forstwirtschaftlicher Nutzung nur noch selten vorhanden.
- Die mit dem Waldverlust einhergehende Fragmentierung der Lebensräume erschwert ein Austausch zwischen den verschiedenen Populationen und damit die Fortpflanzung dieser. Durch zerstückelte Lebensräume können sich die Wisente nicht frei bewegen. Negativ ist dies auch dahingehend, dass der Gen-Pool der Wisente stark eingeschränkt ist. Durch die nur geringe Anzahl an Gründertieren ist die Art anfälliger für Inzucht und damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten oder einer verringerten Fortpflanzungsfähigkeit.
- Frei lebende Wisentbestände sind auch heute noch durch Wilderei gefährdet. Hintergrund dessen ist, dass Schutzbestimmungen nicht durchgesetzt werden oder sich die Kontrolle in großen Gebieten als schwierig erweist. Auch ist der nationale Schutzstatus der Art nicht überall im derzeitigen Verbreitungsgebiet klar festgelegt.
Jetzt das Auswilderungsprojekt im Rothaargebirge unterstützen!