Vor fünf Jahren begann ein in Westeuropa einzigartiges Artenschutzprojekt: die Auswilderung von acht Wisenten in Nordrhein-Westfalen – ein großer Erfolg, denn die kleine Herde von einst acht ist bis heute auf etwa 20 bis 25 Tiere angewachsen. Der Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e. V., der das Projekt steuert, sieht in den vielen Geburten jedes Jahr den Beweis, dass es den Tieren gut geht und dass sie im Rothaargebirge eine Heimat gefunden haben.
Die einst in Europa heimischen Tiere verschwanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das letzte freilebende Exemplar wurde 1927 im Kaukasus erschossen. „Die Auswilderung trägt nicht nur entscheidend zum Arterhalt der größten Landsäugetiere Europas bei, auch die Vielfalt an Insekten und Vögeln nimmt dort deutlich zu, wo große Grasfresser ganzjährig weiden können“, freut sich Katja Wiese von Naturefund über diese einmalige Erfolgsgeschichte: „Naturefund überlegt deshalb, im kommenden Jahr ein eigenes Projekt mit Wisenten oder Taurus-Rindern aufzubauen.“
Insbesondere die großen und schweren Weidetiere schaffen durch ihre Nahrungsaufnahme kleinteilige Lebensräume, die für Insekten und bedrohte Wiesenbrüter wie Feldlerche, Wiesenpieper oder Bekassine überlebenswichtig sind. Im Vergleich zu gemähten Wiesen, gibt es auf extensiv beweideten Flächen schon nach wenigen Jahren eine deutlich höhere Artenvielfalt.
Bereits 2003 begannen die Vorbereitungen für das in Deutschland einzigartige Projekt der Wisent-Auswilderung. Es wurden zahlreiche Gespräche zum Beispiel mit Landwirten oder Förstern und mit der Bevölkerung geführt, Machbarkeitsstudien durchgeführt und Genehmigungen eingeholt. Ab 2010 kamen Bulle Egnar und weitere Tiere als erste Wisente zunächst in ein weitläufiges Gehege nach Bad Berleburg. Dort wurden sie mehrere Jahre auf ihr Leben in Freiheit vorbereitet, bevor sie als kleine Herde mit acht Tieren am 11. April 2013 komplett freigelassen wurden.
Alle Tiere wurden mit GPS-Sendern ausgestattet, damit das Projekt von Anfang an wissenschaftlich begleitet werden konnte. Zahlreiche Fragestellungen zur Rückkehr der Wisente in einen bewirtschafteten Wald wurden von mehreren Universitäten und freien Forschergruppen untersucht. „Wisent-Wissen“ nennt sich dieser Aspekt des Artenschutzprojektes, zu dem auch Maßnahmen der Umweltbildung für Kinder, die Ausrichtung internationaler Tagungen und Workshops gehören. Viel hat man seitdem über die braunen Riesen gelernt: etwa, dass sie vor allem am Tag aktiv sind oder dass die Bullen Einzelgänger sind und sich nur in der Brunftzeit der Wisent-Familie anschließen.
Die großen Pflanzenfresser sind scheue und friedliche Tiere. Von Natur aus halten sie sich vom Menschen fern und meiden Straßen. So ist es seit Beginn der Auswilderung zu rund 1.000 Kontakten zwischen Mensch und Tier gekommen, dabei gab es jedoch nur zwei geringe Zwischenfälle. Mit Öffentlichkeitsarbeit und Verhaltensregeln unterstützt der Verein Wisent-Welt-Wittgenstein das friedliche Zusammenleben mit den geschützten Tieren. Dafür, so hat eine WWF-Umfrage ergeben, kann der Verein auf den Rückhalt in der ansässigen Bevölkerung zählen: Über 80 Prozent der Befragten fanden es gut, dass die Wisente wieder angesiedelt wurden.
„Erstmals leben Wisente bei uns wieder in Freiheit. Das Projekt zeigt, dass die Wisente gut ins dicht besiedelte Deutschland hineinpassen“, sagt Katja Wiese von Naturefund. Freilebende Wisentherden gibt es außer in Deutschland noch in verschiedenen osteuropäischen Ländern wie Polen, Weißrussland, Rumänien, Bulgarien und Russland.
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