Die Lebensraumtrennung oder auch Habitatfragmentierung genannt, bezeichnet einen Prozess der Umweltveränderung, der die Evolution und die biologische Vielfalt entscheidend beeinflusst. Es handelt sich um eine Aufspaltung des Lebensraums von Tier- oder Pflanzenarten, mit der Folge, dass der genetische Austausch zwischen den entstandenen Teillebensräumen verhindert wird. Die Verinselung kontinentaler Lebensräume oder deren Fragmentierung führt zu einer Verkleinerung der Lebensräume und einer zunehmenden Isolierung der Arten. Die Fragmentierung und der Verlust von Lebensräumen erhöhen die Aussterberate und gehören zu den Hauptursachen für den Verlust der lokalen, regionalen und globalen Artenvielfalt.
Die Habitattrennung wird zum einen durch geologische oder klimatische Prozesse wie Grabenbruch oder Vergletscherung verursacht, zum anderen durch menschliche Aktivitäten wie Waldrodung oder Straßenbau. Die klimatisch-geologischen Prozesse, die eine Isolierung von Teilpopulationen über einen langen Zeitraum bewirken, gelten als entscheidende Bedingungen für die Artbildung sowie für alle Aussterbevorgänge. Diese Prozesse können einmalig (wie Mega-Überschwemmungen oder Mega-Vulkanausbrüche), wiederholt oder dynamisch wechselnd auftreten.
Die durch menschliche Einflüsse verursachten Veränderungen laufen meist viel schneller ab. Sie müssen als Ursache für das Aussterben vieler Arten in Betracht gezogen werden.
Der Trennungsprozess von Landflächen verläuft in der Regel in denselben Schritten: Perforation, Zerschneidung, Fragmentierung, Verkleinerung und Schwund.
Perforation und Zerschneidung treten häufig in den frühen Phasen der Landentwicklung auf. Beispielsweise wird durch die Rodung von unbebautem Land für den Bau von Häusern (Perforation) oder Straßen (Zerschneidung) ein ansonsten kontinuierlicher Lebensraum unterbrochen. Die wiederholte Perforation oder Zerschneidung von Lebensräumen oder eine Kombination aus beidem führt zu einer zunehmenden Fragmentierung der Lebensräume.
Verkleinerung und Schwund folgen darauf, d.h. die Bebauung breitet sich aus, bis die verbleibenden unbebauten Flächen kleiner werden oder ganz verschwinden.
Fragmentiertes Land besteht aus Rand- und Innenräumen. Die Ränder fragmentierter Lebensräume sind besonders anfällig für Umweltstörungen wie Unwetter. Optimale Lebensbedingungen haben Arten meist nur ab einem bestimmten Abstand zum Rand ihres Habitats, abhängig von ihrem Aktionsraum. Durch Habitattrennung werden die „wertvolleren“ inneren Bereiche überproportional verringert, verschwinden eventuell auch ganz.
Zudem fördern kleine Fragmente eine geringere Artenvielfalt, weil einige Arten einfach große Lebensräume benötigen und kleine, isolierte Populationen langfristig nicht überlebensfähig sind. Wenn ein Lebensraum stark fragmentiert ist, steigt das Risiko des Aussterbens von Arten, da einheimische Arten den Zugang zu geeigneten Lebensräumen verlieren. Dieses Risiko wird noch verschärft, wenn eine Art nicht in der Lage ist, zwischen Landteilen zu reisen und der Genfluss eingeschränkt ist.
In einer Dissertation der Uni Göttingen wurden die Auswirkungen der Fragmentierung auf Schmetterlinge und Blütenpflanzen untersucht. Verschiedene Arten, z. B. Lebensraumspezialisten und Generalisten, reagieren unterschiedlich auf Veränderungen in der Kulturlandschaft. Die Auswirkungen der Lebensraumfragmentierung auf Einwanderung, Aussterben und Fluktuation von Schmetterlingsgemeinschaften zeigten, dass Lebensraumspezialisten höhere Aussterberaten aufwiesen und stärker vom Lebensraumverlust betroffen waren als Generalisten. Die Isolierung von Lebensräumen hatte keine bedeutenden Auswirkungen auf die Einwanderung, das Aussterben und die Fluktuation. Die Artenzahl von Schmetterlingen und Blütenpflanzen war auf kleinen Lebensraumflächen geringer als auf großen Flächen, wobei Schmetterlingsspezialisten stärker vom Lebensraumverlust betroffen waren als Generalisten. Die Generalisten unter den Schmetterlingen wurden durch eine vielfältigere Landschaftsstruktur positiv beeinflusst, während die Isolation keine Auswirkungen auf Schmetterlinge oder Pflanzen zeigte.
Die Wiedervernetzung fragmentierter Lebensräume trägt dazu bei, die Auswirkungen der Lebensraumfragmentierung abzumildern. Trittsteine verbinden Lebensräume, indem sie kleine Flecken geeigneten Lebensraums zwischen größeren Lebensraumgebieten schaffen. Beispielsweise bieten streng geschützte Naturschutzgebiete Arten ein sicheres Umfeld, in dem sie ohne weitere menschliche Aktivitäten gedeihen können.
Korridore verbinden Habitaträume miteinander. So können Arten zwischen den Habitaten wechseln.
Es gibt hier allerdings entsprechende Minimalanforderungen, die die Mindestbreite eines Korridors betreffen.
Ein Beispiel für Habitatvernetzung ist unser Projekt in Costa Rica. Dort plant Naturefund die Verbindung zwischen zwei Nationalparks mithilfe einer grünen Klimabrücke. Damit könnte der Austausch der Arten entscheidend gefördert werden. Lesen Sie hier mehr dazu!
Ein positives Beispiel für Habitatvernetzung kommt aus Holstein. Eine Initiative hat sich der in Deutschland selten gewordenen Heideflächen angenommen. Heideflächen gehören zu den geschützten Lebensräumen der EU Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Die Artenvielfalt in den Heidegebieten ist generell sehr hoch. Viele dieser Standorte sind jedoch entweder aufgeforstet oder für die landwirtschaftliche Nutzung umgebrochen worden. Die Verbindung von kleinen Heidegebieten durch Trittsteine oder Korridore ist besonders wichtig, da viele der geschützten Arten es nicht schaffen, große Entfernungen zu überwinden. Ein typisches Heidemanagement ist die extensive Beweidung mit Schafen oder Rindern. Sowohl Tier-, als auch Pflanzenarten profitieren vom Heideverbundsystem. Bedrohte Populationen werden durch diesen Verbund geschützt und stabilisiert.
Naturefund setzt sich für den Erhalt der Artenvielfalt und deren Lebensraum ein.
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Quelle: Uni Göttingen, Uni Kiel, Jove, Wikipedia
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