Doch einmal entwässert, stoßen sie große Mengen an Treibhausgasen aus: derzeit etwa doppelt so viel wie der weltweite Flugverkehr jedes Jahr. Zum ersten Mal hat ein Team unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Moor-Emissionen auf der Grundlage von Computersimulationen in quantitative Projektionen zu der Frage einbezogen, wie die globale Erwärmung unter 2° Celsius gehalten werden kann. Das Ergebnis: Die derzeitigen Szenarien zur Stabilisierung unseres Klimas berücksichtigen Moore nicht ausreichend. Um die Klimaziele zu erreichen, muss daher der Schutz und die Wiederherstellung von Mooren verstärkt werden – zum Beispiel im Rahmen der aktuellen Reform der EU-Agrarpolitik.
„Moore bedecken nur etwa drei Prozent der globalen Landfläche. Ein beträchtlicher Teil ist vom Menschen für landwirtschaftliche Zwecke trockengelegt worden, vor allem in Europa und in jüngster Zeit in Südostasien. Sind Moore einmal entwässert, stoßen sie Jahrzehnte bis Jahrhunderte lang große Mengen an Treibhausgasen aus – wenn sie nicht wiedervernässt werden“, erklärt Florian Humpenöder vom PIK, Hauptautor der soeben veröffentlichten Studie. „Wir konnten zeigen, dass die Wiederherstellung von Mooren eine entscheidende Rolle spielt. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass durch geeignete Klimaschutzmaßnahmen die Landfläche unseres Planeten bis 2100 zu einer globalen Netto-Kohlenstoffsenke werden kann – das ist aber nur möglich, wenn neben dem Schutz intakter Moore auch etwa 60 Prozent der heute trockengelegten Moore in den kommenden Jahrzehnten wiedervernässt werden.“
Effektive und nachhaltige Landnutzung – ein potentieller Konflikt?
„Existierende Klimaschutzszenarien berücksichtigen oft nicht die möglichen negativen Auswirkungen, welche Veränderungen der Landnutzung auf intakte Moore haben können“, erklärt Mitautor Alexander Popp, Leiter der Forschungsgruppe Landnutzungsmanagement am PIK. „Land ist knapp, daher gibt es Konkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzungsformen. Es besteht die Gefahr, dass Moore, die oft fälschlicherweise als nutzlos angesehen werden, bei diesen Konflikten als Verlierer dastehen. Für klimapolitische Entscheidungen im Einklang mit dem Pariser Abkommen ist es unerlässlich, die Treibhausgase aus entwässerten Mooren zu berücksichtigen.“
In der Studie hat das Forscherteam genau dies getan: Mit Hilfe eines vom PIK entwickelten globalen Landnutzungsmodells untersuchten die Wissenschaftler den zukünftigen Zustand intakter und entwässerter Moore und die damit verbundenen Treibhausgase. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Umsetzungskosten für Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung von Mooren niedriger sind als erwartet: „Die Gesamtkosten der landwirtschaftlichen Produktion sowie die Nahrungsmittelpreise sind mit und ohne Maßnahmen zum Moorschutz und zur Wiedervernässung nahezu gleich hoch“, so Humpenöder. „Zwar gibt es erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der konkreten Kosten der Wiedervernässung von Mooren. Aber selbst wenn man aus allen Studien die höchsten Kostenschätzungen für Moorsanierung annimmt, bleibt das Gesamtergebnis stabil.“
Handlungsbedarf für die EU-Agrarpolitik
„Dies ist auch für die aktuelle Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union von Bedeutung“, sagt Ko-Autor Hermann Lotze-Campen, Leiter der Abteilung Klimaresilienzforschung am PIK und Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. „Eine kluge Neugestaltung der Regeln, wie die enormen Geldströme in die Landwirtschaft verteilt werden, könnte auch dem Schutz und der Wiedervernässung von Mooren dienen und damit wesentlich zur Klimastabilisierung beitragen. Die Zahlungen an die Landwirte sollten gezielter erfolgen, um die Bereitstellung wertvoller Ökosystemleistungen für die Gesellschaft sicherzustellen – einschließlich der unterschätzten Leistungen von Mooren.“
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