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Böses Foulspiel im EU-Parlament

In Luxembourg tagen derzeit die Agrarminister der EU und verhandeln offiziell über die GAP, die EU-Ernährungsstrategie und die Fischerei. Mit der Verhandlungsposition des Rates zur GAP wird heute gerechnet.

Es scheint Zufriedenheit seitens der Minister und auch der Agrarverbände darüber zu herrschen, dass man einem Kompromiss sehr nahe ist. Ministerin Julia Klöckner hat für die deutsche Ratspräsidentschaft den Green Deal als eine reine „Vision“ der EU-Kommission abgetan hat, die mit der Realität der GAP ersteinmal nicht viel zu tun habe. Das hat der Lobby sicher einige Ängste genommen, dass mit der kommenden GAP-Reform grundlegende ökologische Änderungen zu erwarten sind. Von den Agrarministern ist – wie es schon eine gewisse Tradition ist – nicht viel Ungemach für die Industrie zu befürchten.

Nervöser ist man auf Seiten der Lobbyverbände anscheinend beim Blick auf das Europäische Parlament, das demnächst auf Augenhöhe mit dem Rat verhandeln wird. Die zustande gekommene Alianz aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen vertritt nur in sehr wenigen Punkten fortschrittliche Positionen zu GAP – wird den eigentlichen Anforderungen von Naturverträglichkeit und Klimaneutralität aber überhaupt nicht gerecht. Ihr Kompromisspaket wurde kürzlich bekannt und wird seitdem heftig kritisiert, auch aus den Reihen der eigenen Leute, vor allem bei den sich „The Progressives“ nennenden Sozialdemokraten. Neben diesem Paket wurde aber auch eine Vielzahl konkurrierender und weitergehender Änderungsanträge eingebracht, die von Mittwoch bis Freitag zur Abstimmung gestellt werden sollten. Durchaus Potenzial für Bewegung, daher nun ein vorsorglicher Gegenschlag, den man als übles Foul bezeichnen kann?

Üblicherweise werden die mehr als Tausend Änderungsanträge Abstimmungslisten sortiert, zusammengefasst, übersetzt und dann in den Fraktionen diskutiert. So können sich die Abgeordneten eine Meinung bilden. Der Zeitplan war bereits äußerst ambitioniert, doch am gestrigen Montag Abend (19.10.) schlug plötzlich eine Nachricht aus dem Inneren des Parlaments wie eine Bombe ein. Der Präsident des Europäischen Parlaments, der Sozialist David Sassoli, habe beschlossen, die Abstimmung bereits am heutigen Dienstag Nachmittag zu beginnen, und zwar direkt mit einem en-bloc Votum über den schwarzrotgelben „Kompromissvorschlag“. Separate Abstimmungen über dessen Einzelbestandteile würden ausgeschlossen. Sollte dieser „Deal“ angenommen werden, würden danach alle „komplementären“ Anträge obsolet sein, das heißt es würde nicht mehr über Anträge abgestimmt, die die Themen des angenommenen Blocks berühren. Somit kämen auch viele progressive Anträge zum Beispiel des Umweltausschusses nicht zur Abstimmung.

Praktisch bedeutet dies auch, dass der Anti-Reform-Deal durchgewunken werden soll, bevor überhaupt alle Abstimmungslisten finalisiert und die Änderungsanträge ordnungsgemäß in alle Sprachen übersetzt wurden. Die Fraktionen hätten überhaupt keine Möglichkeit mehr, ihr Abstimmungsverhalten angemessen zu diskutieren. In ersten Reaktionen macht sich Empörung und auch der Hinweis auf klare Regelbrüche des Präsidenten breit.

Wenn jemand die EU-Institutionen für Hinterzimmerdeals kritisieren will, dann ist dies ein besonders dramatischer. Denn hier wird über die Verwendung von einem Drittel des EU-Budgets entschieden und über die Frage, wie die Hälfte der Landfläche der EU künftig bewirtschaftet wird. Offenbar im Interesse derer, die an dem lukrativen System nichts ändern wollen, werden Verfahrenstricks angewendet um die Reformer auszubremsen.

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