Streitpunkt Umweltschutz
Ein Streitpunkt war die Frage, wie viel Geld der 1. Säule zukünftig in den Umweltschutz fließen soll anstatt in die pauschalen Direktzahlungen. Die dafür vorgesehenen Öko-Regelungen sind die große umweltpolitische Neuerung der neuen GAP. Ihr Erfolg hängt jedoch sowohl von der inhaltlichen Ausgestaltung der darin enthaltenen Maßnahmen als auch von der finanziellen Ausgestaltung ab. Für Letztere fordert das Europäische Parlament einen Mindestanteil von 30% der 1. Säule, die EU Agrarminister fordern jedoch nur einen Anteil von 20%. Die EU-Kommission scheint sich auf die Seite des Parlaments geschlagen zu haben. Der Rat baut Hintertüren in seine Kompromissvorschlägen ein: Im schlimmsten Fall hätten diese dazu führen können, dass die Mitgliedstaaten in den ersten Jahren der neuen Programmierungsperiode nur 18% für die Öko-Regelungen ausgegeben hätten. Parlament und Kommission wollten da jedoch nicht mitgehen.
Auch die soziale Konditionalität bereitet den Mitgliedern Kopfschmerzen. Vor dem Hintergrund immer neuer Skandale rund um die Missachtung von Arbeitsschutzstandards in der Landwirtschaft, soll sie verhindern, dass schwarze Schafe in der Branche weiter Gelder aus Brüssel bekommen. Während Zivilgesellschaft und Gewerkschaften diesen Vorschlag begrüßen, laufen die Agrarlobby COPA&COGECA sowie eine Mehrheit von EU Mitgliedstaaten im Agrarrat dagegen Sturm.
Auch bei der zweiten Säule geht es um die Höhe des Umweltbudgets, aber auch darum, ob die Ausgleichszulage an benachteiligte Gebiete sowie Tierwohlleistungen auf dieses anrechenbar sind. Der Rat fährt hier die am wenigsten progressive Linie: volle Anrechenbarkeit der Ausgleichszulage, sowie 60% der Investitionen ins Tierwohl, bei einem Gesamtbudget von 33% der zweiten Säule. Dieser Vorschlag läge kaum über dem, was in der heutigen GAP bereits verpflichtend ist und deutlich weniger, als das was die Mitgliedstaaten tatsächlich bisher ausgeben. Die EU Kommission wünscht sich dagegen 40% als Gesamtbudget und nur eine teilweise Anrechenbarkeit von Ausgleichszulage und Tierwohlmaßnahmen, womit wohl auch das Parlament leben könnte. Das aus Umweltsicht ideale Szenario, d.h. vor allem keine Anrechenbarkeit der Ausgleichszahlung auf das Umweltbudget der 2. Säule, scheint endgültig vom Tisch. Unklar bleibt, ob eine Verbesserung ggü. dem Status Quo noch erreichbar ist.
Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen
Auch bei anderen Fragen gab es kaum Einigungen. Dies betrifft beispielsweise auch einen Standard in der Konditionalität, welcher festlegt, wie viel Fläche Landwirt*innen zukünftig verpflichtend für die Natur zur Verfügung stellen müssen, um weiter Agrargelder bekommen zu können. Hier wurden von allen Seiten immer mehr Ausnahmen vorgeschlagen etwa für Grünlandflächen, Kleinbetriebe, Ackerflächen von Betrieben mit hohem Grünlandanteil, Regionen mit hohen Waldanteilen sowie für sogenannte benachteiligte Gebiete. Mit diesem Verhandlungsstand würden Regelungen entstehen, die umweltpolitisch wenig wirkungsvoll wären und in der Landwirtschaft auf wenig Verständnis stoßen dürften.
Noch ist es nicht vorbei …
Nach dem Ende der Verhandlungen schoben sich Vertreter der verschiedenen Institutionen zunächst gegenseitig die Schuld für das vorläufige Scheitern in die Schuhe. Letztendlich ist aber klar, dass alle drei Institutionen sich wieder an den Verhandlungstisch setzen müssen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft gab sich optimistisch, dass noch vor dem Ende ihrer Amtszeit eine Einigung möglich ist, die wäre spätestens Ende Juni. Fraglich ist nur, ob die Beteiligten sich die Zeit nehmen, um mit besseren Vorschlägen aufzuwarten. Sollte am Ende wirklich das Stückwerk stehen bleiben, welches beim Trilog im Gespräch war, wäre das ein fatales Zeichen. Weder Umwelt- und Naturschutz noch der Landwirtschaft wäre damit geholfen.
Hier geht es zum GAP-Ticker des NABU